Donnerstag, 23. September 2010

MEIN HELD HEISST ANDREAS

Natürlich könnte er auch Hugo heissen. Oder Kunibert, Alfred, Maximilian.
Aber der Meine heisst Andreas. Dank ihm kann ich in meinem Hotelzimmer bleiben.

Nicht nur einmal habe ich euch ja von meiner Spinnenphobie berichtet. Dass ich jeweils kurz vorm Kollaps stehe, mit dem Leben abschliesse … sobald so ein Kriechding mir auch nur in die Nähe kommt.
Hier auf Rhodos gibt es vielerlei an Gekrieche. Kleine Spinnen, grosse Spinnen, Skorpione, Gottesanbeterinnen. Aber meist kriegt Franziska Normalverbraucher das ja nicht mit. Das ist auch besser so.

Bis auf gestern Abend. Da wollte ich eben nur kurz mal nach dem Abendessen aufs Zimmer um mein Handy aufzuladen, als sich über mich ein riiiiiesiger Schatten legte. Es wurde dunkel und kalt. Mein Herzschlag vervielfachte sich, der Puls raste, der Blick ging hoch zur Decke.
Und da sass sie: Zähne fletschend, fauchend, Drohgebärden von sich gebend … ich floh schreiend aus dem Zimmer und hörte sowohl mit Schrei wie auch mit Flucht erst wieder unten auf der Terrasse, inmitten all der mich sorgenvoll beäugenden Mitgäste, auf.
Meine mediterrane Bräune war einer erschreckenden Blässe gewichen – hat man mir erzählt. Die entsetzesgeweiteten Augen widerspiegelten meine Panik, der Gesichtsausdruck sowohl im Allgemeinen wie auch im Speziellen sowieso.

Meiner dringlichen und inständigen Bitte um SOFORTIGE Hilfe wurde dann auch entsprechend schnell entsprochen. Andreas – er ist Tierphotograph und erst noch ein genialer dazu – anerbot sich schon alleine aus dem Grunde, weil er so Viehgezeugs schon lange vor die Linse kriegen wollte.
So gingen wir dann hoch zu meinem Zimmer – also … er ging, ich schlich vorsichtig hinterher.
Für mich ist und bleibt es ein Rätsel, wie man(n) in einem solchen Gefahrenmoment immer noch fröhlich und guten Mutes die Horrorzone betreten kann. Andreas kann das. Ich blieb erst mal vor der Türe draussen stehen.

„Aha“. Hat er dann gesagt. Nur einfach: „Aha“. Zückte dann seinen Photoapparat und knipste das Monster aus jeder nur erdenklichen Position. Ich war nah einer Ohnmacht! Ein Schritt von der Spinne auf Andreas zu – und er ist verloren!
Anschliessend verlangte er von mir ein Zahnputzglas – ich drückte mich die Wand entlang ins Bad und holte das Objekt der Begierde. Den Bierdeckel zum Abdecken des Gefahrengutes hielt ich in der anderen Hand krampfhaft umklammert. Andreas stieg mutig auf einen Stuhl und reckte sich Richtung 8-Bein-Monster. Einfach so! Ich quietschte und jammerte und haderte unterdessen mit dem Schicksal.
Wäre Andreas 10cm grösser gewesen hätte der Plan sich bestimmt in Wohlgefallen aufgelöst. Aber so merkte die Spinne sofort was Sache war und machte sich Richtung Boden auf und davon.
Das war genau der Moment, wo ich wiederum schreiend aus dem Zimmer türmte, die Türe hinter mir sowas von zuknallte und zu spät merkte, dass ich den Bierdeckel immer noch in der Hand hatte.
Unter der Türe durchschieben war nicht. So öffnete Andreas die Türe einen kleinen Spalt weit – ich stand weitest möglichst entfernt und transpirierte vor mich hin – holte sich den Bierdeckel ab. Ab da konnte ich das Geschehen hörend mit verfolgen. Das spielte sich in etwa so ab:
„Ich sehe sie nicht mehr!?!“„Wo ist die denn?!?“„Ah, da! Mensch, die ist ja gross. Und so schnell!!!“. Stühle rücken. Tische rücken. Bett rücken. „Jetzt ist die wieder weg!!!“. „Oh!!“ „Wowwh!“.
Nach einer Ewigkeit von geschätzten 10 Minuten war das riesenhafte Monster im Zahnputzglas gefangen.
Und Andreas mein Held – auf immer und ewig.


Er schmiss das Gevieh auf dem Fenster in die nächste Palme rein, streckte mit das leere Wasserglas wieder entgegen …. Welches ich sehr ungerne und mit äusserst spitzen Fingern entgegen nahm –streichelte mir kurz tröstend über den Kopf und begab sich wieder nach unten. Jetzt musste ein Lumumba her.

Ich meinerseits, ich setzte mich erschöpftestens auf Bett und probierte, wieder normal und ohne Schnappatmung einen normalen Puls zu kriegen. Rief Katerli-Schätzu an und erzählte ihm brühwarm das eben erlebte Horror-Szenario.
Anschliessend trabte auch ich – immer noch bis ins letzte Kapillargefäss adrenalinschwanger – runter zur Bar. Andreas sass mit dem Rücken mir zugwandt draussen. Viele andere Gäste darum herum.
Er sah mich wohl im Glas spiegelnd antraben und als ich auf seiner Höhe war, drehte er sich blitzschnell um, ruckelte spinnenartig mit seinen Armen und Fingern in der Gegen rum.
Und weil ich noch sooooo angespannt war, erschrak ich mich fürchterlich, der Zimmerschlüssel flog quer über die Terrasse, ich schrie wie am Spiess und kein Auge blieb ob meiner Vorstellung trocken.

Heute Morgen habe ich von einer Gästin einen „BESCHÜTZER-ANTI-SPINNEN-BÄR“ geschenkt bekommen. Damit ich wieder ruhig schlafen kann.


Die letzte Nacht habe ich nämlich damit verbracht, immer wieder Licht anzumachen, weil ich da was gehört hatte. Und da auch. Aus der Schublade drüben. Aus dem Schrank vorne.
Und immer nachschauen musste.
An Schlaf war nicht zu denken!

Aber mit dem Beschützer-Anti-Spinnen-Bär wird mir das nicht wieder passieren. Oder?
Der Bär heisst übrigens – ich habe es gerade so beschlossen:

ANDREAS!

9 Kommentare:

Birgitt hat gesagt…

...oh jetzt muß ich erstmal wieder durchatmen, denn bei deiner spannenden Beschreibung war ich ganz dabei. Ganz genau konnte ich mir alles vorstellen, ja vor meinem inneren Auge lief ein Film ab - wäre interessant zu wissen, ist das einen alte Holzwendeltreppe, die zu deinem Zimmer führt??? Und ich hatte trotzdem sooooviel Spaß dabei! Danke und liebe Grüße von Birgitt

alice hat gesagt…

Mensch...das ist ja die reinste Horrorgeschichte, und ich dachte anfangs, na ja, wer eine Spinnenphobie hat, der übertreibt schon gerne mal...aber als ich das Foto von dem Wääääh-Vieh sah, wurde mir doch auch ein wenig "gschpässig" in der Magengegend. Ich bin auch nicht der Spinnenfreund, und seit ich gelesen habe, wieviele (weiss nicht mehr genau wie viele) Spinnen ein Mensch in seinem Leben runterschluckt...seither find ich sie auch echt grauslig. Ich denke man schluckt die Spinnen wohl im Schlaf bei geöffneten Mund....eigentlich sollte man den Mund mit Heftpflaster zukleben vor dem Schlafengehen...hihi....
So ich will dir nicht weiter Angst einflössen...ist mir nur so im 120iger Tempo durch mein Hirn geschossen. Sorry!
Noch ein paar schöne, Spinnenfreie Tage wünscht dir
Alice

Elisabeth J.-S. hat gesagt…

Jetzt, da Du ja gerettet bist, und Dich doch auch wieder beruhigt hast (wünsche ich Dir), jetzt darf ich es aber schon schreiben: Das Foto ist cool! Aber das hast nicht Du, mit zittriger Hand gemacht, oder?
Ich weiss ja wie schlimm es ist, wenn die Angst vor den Spinnen einfach da ist. Ich finde es auch schlimm, dass sie dann auch noch grad bei Dir, wo Du doch allein bist, auftauchen. Aber wenn Du das dann so lustig erzählst...dann kann ich Dir ja nur lächelnd antworten.
Stell Dir vor, ich sass vorhin bei 23 Grad in der Sonne..so richtig heiss wurde es mir!
Liebe Grüße
Elisabeth

Rosine hat gesagt…

Hallo Sternenzauberin, bei diesem Thema bin ich ganz bei Dir!!!
Auch habe ich dieses Gen an meine beiden Töchter vererbt. Wir sind da ganz cool und haun sofort ab, wenn so ein Vieh auch nur sein Beinchen zeigt. Unsere Männer wissen das und haben endlich mal Gelegenheit unsere Drachen zu bekämpfen.
Liebe Grüße
die Rosine

Heidegeist hat gesagt…

Liebe Franzi. Das war ja ein Alptraum- Bericht. Sorry, das ich jetzt lache....Bin immer noch dabei, mir alles bildlich vorzustellen. Ich weiß, das ist gemein....Hust, Schluck....LG Inge

Rahel hat gesagt…

Oh, Gott, oh Gott! Ich kenne das!! Und seit ich hier mit mit meinem Held und angetrauten Göttergatten Andreas in diesem alten Bauernhäuschen und der Scheune wohne wurde ich schon so oft "schocktherapier". Gerade jetzt wohnen in unserer Scheune die Kreuzspinnen zu Hauf und bauen sich Netze in grösse eines halben Fussballfeldes ;-) Du siehst, Deine Geschichte findet bei mir vollstes Verständnis und hat einen Gruselfaktor von 10 und die Nackenhaare stehen immer noch senkrecht.... Andreasse.... wo seit ihr? Rettet uns!.... ;-)

Anonym hat gesagt…

Igitt, die ist ja eklig.
Da hätte ich bestimmt auch alles zusammengequietscht ;)

Johanna Gehrlein hat gesagt…

Mensch, Sternenfränzi,
ich werf mich weg vor Lachen. Also, solange die Dinger mir nicht unversehens über die Arme laufen, ist es noch o.k. Ich bin auch in der Familie diejenige, die mit Glas und Postkarte die Viecher rausbefördert. Das größte lebende Exemplar saß in der Toskana nächtens am Fenstersims, Spannweite ungelogen ca. 10 cm.
Jetzt stelle ich mir nur noch vor, dass du ab jetzt ohne Zahnputzbecher auskommen musst, weil DAS Gefäss wirst du sicher während deines Aufenthaltes nicht mehr benutzten. Aber zur Not tuts auch ein Lumumba, der desinfiziert sicher auch. LOL
Wie lieb, dir einen Anti-Spinnen-Bär zu schenken - aber der sieht schon ganz blass aus. Sieht aus, als würde er jetzt schon erschrocken "Ohhh" sagen. Ob der so tapfer ist wie Andreas?
Lieber 'ne Spinne an der Wand als 'ne Laus über die Leber gelaufen.
Schöne Grüße und weiterhin schönen Urlaub.
Johanna

Barbara hat gesagt…

So krass isses bei mir nicht, d.h. wenn ich eine sehe, dann nehm ich ein Glas und transportiere sie lebend nach draussen und gut ist. Schlimm wird es erst, wenn sich vorher das Tierchen noch irgenwo verkriecht und ich sie nicht mehr finde, aber weiss, sie ist noch im Zimmer. Bei kleinen "Zimmermannen" geht das noch, aber alles darüber, wie sollte ich da noch ruhig schlafen können?

Hier, eine Seite um ganz ungefährlich Dich dem Thema annähern zu können und völlig ungefährlich trainieren zu können:
http://www.onemotion.com/flash/spider/
(Die Seite scheint im Moment aber irgendwie falsch dargestellt zu werden...)

Falls Dir das zu krass ist, kannst Du Dich hier mit einer ganz lieben Spinne sogar unterhalten und individuelle Fragen stellen:
http://www.arages.de/about/virtuellespinne.html

Professionelle Hilfe gibts hier:
http://www.n-tv.de/wissen/Neue-Angsttherapie-am-Computer-article627075.html

Gruss

Barbara

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