Der längste Tag des Jahres hat aus meiner Sicht einen gravierenden Nachteil: die kürzeste Nacht des Jahres.
Ich will jetzt einfach dieser kürzesten Nacht des Jahres die Schuld geben, dass meine Schatten unter den Augen gestern zu einer zeitweisen Sonnenfinsternis hätten führen können. Gefühlt bis zu den Knien erstreckte sich das erschreckende Dunkel! Zudem hatte ich keine Augenringe - nein - ich hatte förmlich Augencontainer. Wie siamesische Beutelratten! Echt!
Wie gesagt, die kurze Nacht ist schuld. Aber auch der längste Tag. Weil der uns verleitet hat, bis in den frühen Morgen zu plaudern, uns gegenseitig zu erzählen. Die Geschichten und Erlebnisse nahmen kein Ende. Es war so lange hell draussen!
Ein brüskes Ende aber nahm die Nacht kurz vor 05.00h. Dem Tiefschlaf entrissen zu werden ist keine komfortable Ausgangslage für den kommenden Tag.
Während bei mir der Schlafmangel sich mittels des sogenannten Prosecco-Syndroms ausdrückt, leidet Katerli-Schatz in einem solchen Moment eher an der Kettenhund-Problematik.
Ich schwebe dann infolge Schlafmangels so 3cm über dem Boden, nehme die Welt nicht gar so ernst und bin empfänglich für die Sonnenseite des Lebens, inklusive Augenblinzeln. Der Liebste allerdings, der hält an solchen Tagen nichts, aber absolut rein gar nichts vom Augenblinzeln. Können vor lauter Lachen! Er kriegt seine Äugelein nicht auf. Den Mund auch nicht. Und die Schublade - da wo das Lächeln drin steckt - klemmt fürchterlich.
Ich kichere - er knurrt. Ich schwebe - er robbt. Ich fliege - er gräbt unter Tage.
"Nun denn, lasset uns den Tag beginnen", säuselte ich meinem Schätzu schmunzelnd ins Öhrchen. Drückte ihm seinen Helm in die Hand und zog ihn übermütig nach Draussen. Alsbald rollten wir dem Bahnhof entgegen. Kaum auf dem Perron, da brauste auch schon ein Zug mit lauter Lastwagen beladen neben uns durch. Springt man nicht rechtzeitig so weit weg wie möglich, dann erhält man ein Gratis-Peeling bestehend aus Staub, die Falten werden durch den Fahrtwind steil nach hinten gezogen und eine rudimentäre Gesichtsstraffung ist garantiert - ebenso wie das völlige De-Styling der Haarpracht.
Vorher: Kurzhaar lässig strubbelig oben, flippig wuschelig hinten, die asymmetrischen Fransen cool seitlich in die Stirn übers Auge fallend. :-)
Nachher: Alles streng gelackt nach hinten - à la Borsalino. :-(
An Tagen wie diesen liegt die Schwierigkeit in der rechtzeitigen Reaktion.
Alles klar?
Ich war mich gerade am Äusserlich neu ordnen und Innerlich aufräumen, als mir eine Gruppe Jugendlicher ins blinzelnde Auge stach. Sie begrüssten sich. Und begrüssten sich. Und begrüssten sich. Es schien kein Ende zu nehmen. Ich blickte gebannt und merkte mir alles! Die Art und Weise ... brachten in mir die Schlafmanko-Prosecco-Perlen zum sprudeln. Erst im Zwerchfell, dann hoch über den Magen in die Mundwinkel.
Schnurstracks eilte ich zum Ruhe suchenden Katerli-Schatz auf die Sitzbank rüber - da sass er wie ein Schluck lauwarmes Wasser - und begrüsste ihn wie eben neu erlernt: Erst rechte flache Hand gegen rechte flache Hand, dann die rechten Hände zum Grusse ineinander verkrallen, anschliessend lässig rechte Schulter gegen rechte Schulter checken um abschliessend leicht abgefedert Stirn an Stirn zu knallen.
Das ganze Ritual nimmt gefühlte 5 Minuten pro Person in Anspruch und kann beliebig oft wiederholt werden. Ein Schmaus für Auge und Lachmuskeln, zumindest meine. An einem Tage wie diesem.
Katerchen muss das irgendwie anders empfunden haben, so ganz anders. Er nahm mich zielgerichtet an der Hand (ich immer noch haltlos kichernd), führte mich den Geleisen entgegen und sagte in strengem Ton und mit Mörderblick ... seine eine Hand in meinem Rücken ... "ein kleiner Schritt für Dich, ein grosser Schritt für die Menschheit".
Darauf hin habe ich ihn gleich noch einmal straf-gegrüsst, in besagten Stil ...
Und haltlos zwangsgeknutscht, mit richtig farbigen Lippenstiftküssen beginnend am linken Ohrläppchen und sich übers Gesicht hinauf zu den Augenlidern ziehend. Und dem frechsten Grinsen, welches ich im Gesamtsortiment meiner gezeigten Gefühlswelt aufbringen kann. Nicht von schlechten Eltern!
Er fuchtelte aufgeregt mit den Händen in der Gegend rum, als wäre ich eine Schmeissfliege, eine hinterlistige Mücke, ein aufsässiges Insekt. Und sagte dazu so Dinge wie "Du bist unmöglich", wahlweise "Weib, Du!". Ich habe ihm dann noch "Tasmanischer Teufel" vorgeschlagen - so als Abwechslung zur Unmöglichkeit des Weibes.
Da hat er dann das erste Mal gelächelt. Beinahe. Er bekundete sichtlich Mühe, die Mundwinkel im für mich ersichtlichen "Pass-bloss-auf-Bereich" zu behalten - ich hab das Zucken aber trotzdem genussvoll registriert.
Auf der Zugfahrt liess ich ihm die gewünschte Ruhe - um mich dann am Bahnhof Bern mit Pauken und Trompeten ... sprich Riesenumarmung und lachendem Lippenstiftkuss zu verabschieden.
Da bröckelte dann des Kettenhunds Mauer. Kein Berglöwen-Geknurre mehr. Und auch kein Gefuchtel.
Mein Lieblingsmann hat gelacht! Er hat gelacht! Übers ganz Kater-Gesicht!
DAFÜR ÜBERNEHME ICH GERNE JEGLICHE VERANTWORTUNG!
10 Kommentare:
Ooh ja, diesen Kettenhundblick kenne ich und auch das Verhalten ist das typisch Mann??? Und je fröhlicher, albener und ausgelassener ich bin, je finsterer wird der Blick, ja die Wortwahl ist ähnlich dann bei meinem Mann. Weil ich ein fröhlicher, kontaktfreudiger und neugieriger Mensch bin muss ich natürlich genau wie Du, mein neu erworbenen Wissen sofort ausprobieren. Lach, lach,............die Reaktion Du wirst es nicht glauben wie in Deiner Geschichte. Aber nachher kommt die Sonne in die Züge meines Mannes zurück, weil er liebt mich einfach weil ich so unmöglich bin und den Kopf voller Ideen und Grillen habe. Eins ist sicher, langweilig ist es mit mir nicht.
Dir einen wunderschönen sonnigen Tag auch hoffentlich in der Schweiz. Wir bekommen heute 27 Grad und Sonne pur. Sonnige und hummelige Grüße
Lydia
Ach wie schön, liebe Lydia - da haben wir also den gleichen Typus an Land gezogen :-).
Und ich fühle mich jetzt auch nicht mehr so exotisch, wo Du da bist :-).
Das Tollste: hier im Blog hat es zum Glück noch einige so "unmögliche" Exemplare.
Fühle mich sehr zu Hause.
Danke für alles! Auch Dir einen herrlichen Wohlfühltag. Bei uns ist heute auch sowas wie Sommer!! Juhuuu!
Herzlich-hummelig
Fränzi Sternenzauber
Oh Caramella, bin heute auch knalleng unterwegs....gehe mit Smilla zum Coiffeur... Smilla bin weder ich, noch ist es meine nichtvorhandene Tochter noch ist es ein Schaf....nein es ist Smillinchen mein Schosshündchen!!! und eine unserer Herzerwârmungen.... das ist meine Meinung!... der schlaue Bauer denkt nicht ganz wie ich!!!
Aber eigentlich bin heute ich auch in einer Postprosecostimmung... und bei uns lâuft es ganz ähnlich ab.... nur MÜSSEN wir am Morgen nicht auf den Bahnhof.....aber es juckt und kitzelt mich jeweils überall richtig schaurig!! Zudem habe ich in solchen Situationen auch immer ein voll übersteigertes Bedürnis ihn aus seiner Lethargie zu reissen....
Ja Schwester so ist das Leben, eben...
Sei mordsmässig gedrückt und heb än wunderbar goldigâ Tag!!
bbbb
Franziska, lachend sage ich es: Du bist aber auch unmöglich! Einfach unglaublich. (Und was so eine Begrüssungsarie von Jugendlichen auch sonst noch bewirkt - grins.)
Aber immerhin hast Du Deinen halbfauchenden Kater wieder zu einem Kuschelkater umfunktioniert. Gekonnt. Würde ich mir sofort merken, wen ich nicht.... ach lassen wir das.
Einen wunderscxhönen Tag wünscht Dir
Irmi
Liebe, mich mordsmässig drückende Brischitte!
Jaja, wir zwei Beiden, Proseccoig durch und durch und durch. Armer schlauer Bauer, armer lieber Kater!
Zum Glück wissen wir wie das Leben läuft ... und hecheln munter hinterher.
Bin im Büro und starte den Laden. 3.2.1. LOS!
Deshalb - ciao Bella und bis bald wieder.
Sei übersäät mit Grüs und Müs und Lachs und was das Leben hergibt!
Herzlichst
Dis Fränzi
Irmi - wenn Du lachst, dann lach ich immer mit.
Zum Glück kriege ich das Katerli immer wieder handzahm.
MUSST du Dir merken. Ohne wenn und aber ..
:-), DU auf jeden Fall!
Herzlichst und mit liebevollen Lächelgrüessli
Franziska Sternenzauber
Kater hin, Kater her, meinethalben auch vorm Frühstück, als kleiner Zwischenhappen, statt immer diese pappigen Dinger zwischen den Kiemen, nu ist er ja wohl wach. Gut, soweit ist Dein Bericht schon in Ordnung. Doch eines paßt nicht, denn Du schreibst so etwas vor 5.00 Uhr. Und das, nee, das kommt nicht hin. Schau doch mal auf den Wecker, der steht auf etwas mehr als viertel nach sechs. Du wirst also nicht umhin kommen, diesen Bericht noch einmal zu schreiben, mit den richtigen Zeiten, denn weit über 1 Stunde will schließlich erklärt werden, bitte lückenlos...
Sei lieb gegrüßt
Kvelli
Hach, ist das herrlich nach der Buddelei draußen.Jetzt tut nicht nur der Rücken weh, sondern auch das Zwergfell. Mal eine Frage zwischendurch, hast du auch soviel Reklame in oder auf meinem Blog ? Ich wurde darauf hingewiesen, und das ist ja auch lästig. Ich habe aber nichts geändert, weil ich auch gar nicht wüßte wie. Bin ne PC Oma. LG Inge
Lieber Kvelli
Ach weisst Du, sei gnädig! Ich zog des Morgens früh aus um die Kirchturmuhr zu zerdeppern. Ein Ding der Unmöglichkeit!
Ergo wieder rechts umkehrt nach Hause - und da war es halt dann schon spät.
Und übrigens: Kater isst vor 09.00h gar nix. Geht nicht.
Und ich - ich bin jetzt unglaubwürdig und mein Post für die Katz.
Herzlichst, lächelnd (trotzdem - oder eher deswegen)
Deine, von der Verzweiflung übermannte
Frau Franziska Sternenzauber :-)
Liebe Inge
Schon, Dein Lachen. Und das wegen der Werbung habe ich bei Dir gelesen. Ist mir in Deinem Blog aber noch gar nie passiert. Bei meinem auch nicht.
Vielleicht hat Deine Leserin da irgend ein Programm auf dem PC geschmuggelt bekommen.
Da ich relativ oft auf Deinem Blog bin, wäre mir das sicher aufgefallen.
Und von wegen PC ... hätte ich des Katers Rat nicht, ich hätte nie und nimmer einen Blog. Er ist mein Chef-PC-Manager. Ich wär erledigt ohne ihn! :-)
Herzlichst und liebevollst mit Grüessli und Lachen
eine Franziska Sternenzauber
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