Freitag, 10. Juni 2011

YOU NEVER WALK ALONE!

Wer hat diese Kult-Hymne nicht schon mal mitgesungen und vor sich her geträllert ... "yuuuu nehehever woooook ääälouuuun!".
Ich verwette meine Lieblingstasche samt dazu passenden Schuhen, dass der Verfasser dieses Liedertextes Benutzer des ÖV - ÖFFENTLICHEN VERKEHRS - ist. Ich geb mein Parfum noch drauf, wenn der nicht schier täglich mit mir die Strecke Thun-Bern-Thun absolviert.
Ganz besonders gestern Abend.

Nach 9 Stunden harter Arbeit war mir so sehr nach einigen Minuten alone walken. Nur ein paar Minuten! Ist ja nicht so, dass weil ich einen Bürojob habe, ich mir die Pobacken platt sitze. Nönönö! Kaum kommt ein Kunde, stehe ich auf, gehe dem entgegen, gebe Pfötchen. Dann eile ich in die Werktstatt die Servicekarte holen, hetze rüber zum Mechaniker und kläre die Abholzeit, sprinte zurück zum Kunden zwecks Information.
Normalerweise schellt dann genau in dem Augenblick das Telefon - und so hechte ich an den Apparat.
Das passiert ganz oft am Tag genau so. Wir haben viele Kunden!
Und weil ich so elend multifunktional bin, gibt es noch X andere Dinge, welche ich stehend, gehend, rennend, hüpfend (wenn das Auto auf dem Lift steht und ich dem Mechaniker den Telefonhörer / einen Kaffee / ein Tempo / einen Schraubenschlüssel usw.) rauf reichen muss.

Sichrlich könnt ihr verstehen, dass man dann nach 9 Stunden Menschen satt mindestens 10 Minuten alleine walken möchte? Dies ist aber nicht möglich. Insbesondere nicht auf der Strecke Bern - Thun um 18.04 am Abend. Und schon gar nicht an einem Abend wie gestern.

Ich sag nur: GREENFIELD.
Das ist ein totaaaaal angesagtes Open-Air-Spektakel. Sowas von angesagt. Man kann sich darauf verlassen - es ist Anfang Juni und es regnet - was ist das? Aha!! Das Greenfield-Wochenende! So sicher wie das Amen in der Kirche.
Und an was erkennt man es auch noch? Daran, dass der ansonsten schon vorgepferchte Bahnsteig brechend voll ist. Mit Teenagern zwischen 15 und ... sagen wir mal ... 55. Sich bereits in allen Stadien der Auflösung befindend.

Mit schwante - es wird wieder mal eine sehr abenteuerliche Heimfahrt. Sehr abenteuerlich.
Weil: Greenfield findet 2 Haupt-Stationen weiter als Thun, nämlich in Interlaken statt. Was bedeutet, dass das ganze partyfreudige Volk in MEINEM Zug mitfährt.
Doch welch Wunder: Die SBB- Schweizerischen Bundes Bahnen - haben wohl das Problem erkannt! Und einen Greenfield-Sonderzug um 18.00h ab Bern bereitgestellt. Toll! Super! Davon wusste ich ja gar nichts.

Na ja ... ich war wohl nicht die Einzige, welche nix davon wusste. Dieser Sonderzug fuhr nämlich so gut wie leer Richtung Interlaken und mit mir quetschten sich dafür um 18.04h alle anderen ca. 100'000 Leute in den Zug.

You never walk alone...

Da der Zug aber bereit gut gefüllt in Bern einfuhr, ging es nur noch darum, sich einzig und alleine einen sicheren Standplatz zwischen Tramperrucksäcken, Igluzelten, Bierharassen und allen anderen notwendigen Zutaten für einen 3-Tages-Open-Air-Besuch zu ergattern.
Mit viel Glück kriegte ich den Stehplatz vor dem Klo.
Na ja ... mit Glück hatte das dann allerdings wenig zu tun. Ich war immer am falschen Platz. Immer.
Kaum ruckelte der Zug an, begannen alle Umstehenden, Sitzenden, Torkelnden, an ihren Schuhen rumzunesteln. Hä?? Als wäre das Anfahren des Zuges ein für alle Greenfielder verbindliches Zeichen, sich der Schuhe zu entledigen - zogen die wirklich und wahrhaftig ihre Schuhe aus. Bequemlichkeitshalber. Und weil man diese ja dann die weiteren 3 Tage trägt ... Freiheit für die pubertösen Käsefüsse!


Leute - das hättet ihr miterleben sollten.
Wobei ... seid froh, habt ihr das nicht miterleben müssen! Wenn sich Dutzende von Menschen gleichzeitig die durchgesuppten, schier schon dampfenden, mehrfach Open-Air-Festival-erprobten Schuhe ausziehen - das kommt dann einem fiesen, hinterhältigen Bio-Giftgas-Angriff sehr sehr nahe.
Einen Vorteil hatte das Ganze - ich erlebte die Fahrt nach Thun in einem leichten Dämmerzustand. Früheren Lachgasnarkosen nicht unähnlich.

Aber - das war dann noch nicht alles. Dann wurde der Proviant ausgepackt. Esssen und Trinken satt. Und gegessen, getrunken, angestossen. Worauf Einer auf die gloriöse Idee kam, ein Wettrülpsen zu veranstalten. Ich muss gestehen, es hatte ausgesprochene Talente dabei, welche auf Herrn D. Bohlen ganz bestimmt ausserordentlich grossen Eindruck gemacht hätten. Mir persönlicher eher weniger.
Über das anschliessende Pupsfestival möchte ich mich NICHT weiter äussern.
Ich habe das alles eh nur am Rande einer Ohnmacht miterlebt und war in Folge Benebelung aus diversesten Quellen nicht wirklich ich selber.

Nach 20 Minuten nervenruinierender Fahrt schälte ich mich mühevoll aus dem Pulk besagter Greenfielder und wankte leicht angeschlagen und trunken nach Frischluft in die Freiheit des Bahnsteiges ... Mit mir viele andere LeidensgenossInnen, welche auch nur von der Arbeit nach Haue fuhren und so gerne ein bisschen alone für sich gewalkt wären. Aber nein, auch hier standen wir einander auf den zumindest beschuhten(!) Füssen rum.


Die Fahrt nach Hause mit meinem Roller Giovanni genoss ich doch sehr. 3 Minuten ganz alone. Mal abgesehen vom normalen Strassenverkehrsaufkommen.
Zu Hause erfreuten sich Kind 2 und Freundin über mein Kommen - nix mit Füsse hochlegen und Seele baumeln lassen. Abendessen war angesagt. Der Kater kam dann auch noch angeschlichen. Angeschlichen im wahrsten Sinne des Wortes - der Arme macht nämlich zur Zeit ein Praktikum als Schreiner (zum besseren Verständnis für Neu-Blogger im Geschichtenhimmel: der Kater ist mein Mann) und ist bereits am ersten Tag rückwärts über eine am Boden liegende Stahlstrebe gefallen, hat sich dabei das Steissbein geprellt. Ich kann es kaum mehr mit ansehen, wie er sich sitzend auf einem Stuhl plagt. Ich kaufe ihm heute einen Schwimmreifen (so einen mit Ente), damit er sich da rein setzen kann. Hat mir damals beim Dammschnitt nach den Geburten schliesslich auch geholfen.


Um 21.30h gab ich Forfait.
Ich war sooooo fix und alle. Und wohl auch noch die Nachwirkungen der Narkose ... ich ging in die Heia. Kater schlich hinterher und legte sicht ächzend und stöhnend neben mich. So ging das die ganze Nacht. Bei jeder seiner kleinsten Bewegungen jammerte er tierisch.
Somit hatte ich auch in der Nacht nicht wirklich meine Ruhe.
So viel dazu.

YOU NEVER WALK ALONE ...!

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

HERRLICH!! ich lach mich hier weg...du hast einen super schönen hunorvollen Schreibstil!!!
...so ich werde jetzt weiterlesen bei dir hier...
ganz liebe Grüsse Synke

STERNENZAUBERS GESCHICHTENHIMMEL hat gesagt…

Oh! So schön, es ist 09.00h und die Menschen lachen wegen meinem Geschreibsel.
Das wird ein guter Tag!

Herzlich WILLKOMMEN! :-)

Liebe Lächelgrüesslis
Fränzi Sternenzauber

alice hat gesagt…

jaaa, ich hab auch gelacht...und wie!
und nun erst mal tief Luft hol.....
das muss man ja auch beim Lesen alles erst mal verdauen, gewisse Gerüche und Geräusche kennt "man" ja, aber in DEEEM Ausmass? boaaahhhhhh!

Ich bin froh, muss ich nicht täglich im Zug sitzen, ich glaube, das letzte mal ist sicher schon 2-3 Jahre her. Weihnachtsmarkt Bahnhof Zürich...

Und dem Kater wünsch ich gute Besserung...ich kenn das, bin mal als Jugendliche etwa 3 Meter hoch von einem Holzaufzug aufs Steissbein runter geplumpst....Mensch...ich darf gar nicht dran denken.

Schöns Tägli und hüpf nöd z'viel ume!

♥♥♥lichs liebs Grüessli
Alice

STERNENZAUBERS GESCHICHTENHIMMEL hat gesagt…

Liebe Alice

Schön :-), du lachst auch. Gestern habe ich nicht sooo sehr gelacht - heute dann schon.
Jaja, das Steissbein, der arme Kerl. Er gibt sich Riesenmühe und es gefällt ihm prima. Aber immer Schmerzen.
Jetzt gibts 3 Tage Pause - und ich muss auch nicht in den Zug. :-)
*DURCHSCHNAUF*
Herzgrüessli mit Lächeln und schönen Tag
Fränzi Sternenzauber

Wernicke Margit hat gesagt…

Oh nein, ich kann nicht lachen. Ich bin fast 5 Jahre mit unserer Bahn nach Berlin gefahren. Und weißt Du, was es in Berlin alles für Demos, Fußballspiele, Street Festivals und sonstiges Pipapo gibt? Und immer müssen alle hinströmen, und womit mits die Bahn......Augnrolln.....die fuhren, wenn ich zur Arbeit fuhr und die fuhren, wenn ich nach 22.00h Feierabend hatte. Neeeeeeeeeein ich mag nicht mehr daran denken. Du Ärmste, ich kann es Dir nachfühlen, Du hast mein vollstes Mitgefühl. Bei mir war es nur gut, daß mein Mann fast nie krank war und mir dann wenigstens die "Händchen" halten konnte.
Aber Deinem wünsche ich gute Besserung und möge er sich gut in der neuen Stelle eingewöhnen.
Ein schönes Pfingstfest und liebe und herzliche Grüße
margit

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