Sonntag, 9. Januar 2011

RICHTIG? FALSCH? ODER EINFACH NUR ANDERS?

Lebensweisheiten.
Vielleicht weil der Sonntag ein locker-flockig-leichter Tag ist, vielleicht weil ich deshalb Zeit und Musse habe darüber nachzudenken, vielleicht weil das Leben täglich wieder Fragen stellt ... möchte ich heute ein mir wichtiges Thema beleuchten.

Ich bin ich geworden was ich heute bin, weil ich aus einer Familie stamme, in der der Vater bestimmt hat, was richtig und was falsch ist. Meine Mutter schloss sich dieser Meinung stets an ... selbst entgegen besserem Wissen und auch entgegen ihren Gefühlen. Das kleine Fränzi war noch keine 5 Jahre alt, als sich die Frage des RICHTIG und des FALSCH mir bewusst stellte. Ab da wurde ich zur Rebellin, zur Kämpferin und zur Architektin, Bauherrin meines eigenen Lebens, meines eigenen Willens und meines eigenen Wollens, meines Handelns.
Ich bildete mich ab da in dem Themen des Mensch Seins, der Gerechtigkeit, der Verantwortung und des Sinnes. Der Sinne.

Man sagt mir heute oft, es sei mein Naturell. Ich hätte da eine besondere Stärke, etwas Gegebenes in mir - vielleicht mag das so sein, ich persönlich meine, es ist harte Arbeit mit und an mir selber. Stetes Hinterfragen "warum ist das so - und wie könnte es anders sein, besser?". Eine gewisse Lockerheit, verbunden mit einem gewissen Urvertrauen und besonderer Liebe zu mir selber als Grundlage für eine besondere Liebe zu den Menschen um mich herum.
Dieser Blick hinter die Fassade - und das Zulassen der Blicke hinter meine Fassade - liessen mich Zeit seines Lebens die Kontrahentin meines Vaters sein. Er, eine bekannte und mindestens so in Frage gestellte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens. Er hat leider nie erfahren, dass mit Kraft, wirklicher Kraft, nicht das gemeint ist, was in den Muskeln steckt. Das Intelligenz, wirkliche Intelligenz, nicht ist, wenn man schlauer ist und sich in jeder Hinsicht Vorteile zu erschaffen weiss. Dass es wesentlich ist, ob Menschen einem achten, ehren weil sie Angst haben - oder, weil Sie Respekt haben ... man sich Respekt verdient hat. Recht kann man sich auch nicht erschreien.
Es ist noch nicht lange her, da hat meine Mutter mir verraten, dass ich der einzige Mensch war, vor dem mein Vater Respekt hatte. Trotz - oder wegen? - meinem spürbaren Gegenwind. Meinem Abschied mit 18. Meiner klaren Haltung.

Viele Menschen aus meiner Familie sind an ihm, den Umständen zerbrochen. Meine Mutter hat erst 10 Jahre nach seinem Tode ihr Leben zu leben angefangen, hat sich mittels einer guten Therapeuten ihr ICH zurückerobert, hat mit allen Kräften darum gekämpft endlich zu werden, was sie im tiefsten Inneren immer war.
Seither haben wir es richtig schön zusammen. Man begegnet sich auf Augenhöhe.

Richtig oder falsch lässt sich nicht befehlen - ich schliesse hier bewusst die Gesetze aus, daran gilt es sich zu halten und fertig.
Aber das was zwischen DIR und MIR passiert, da ist es unsere Aufgabe und Pflicht zusammen zu erarbeiten, was stimmt und stimmig ist. Und das, was Jede/r für sich selber verantworten muss, dass hat er / sie mit bestem Wissen und Gewissen zu bestimmen. Im Einklang mit dem Drumherum.
Was für den Einen richtig und gut ist, mag für den Anderen falsch sein. Und ...

... hiermit läute ich das aus meiner Sicht wichtigste UND des gegenseitigen Miteinanders ein: ES GIBT EIN "ANDERS".
Wer sein Handeln als das ultimativ richtige Handeln bewertet, der deklariert damit auch ein anderes Handeln als falsch. Dies lässt keine Diskussion, keine problemorientierte Lösungsfindung mehr zu. Sie teilt ein und verurteilt.
Das "Anders" können Menschen mit einem guten, gesunden Selbstbewusstsein zulassen. Ist man in sich selber unsicher, braucht man leider oft genug ein Urteil anderer. Je nachdem fällt das zu Gunsten oder eben zu Ungunsten aus. Was gleichzeitig auch wieder Sicherheit / Unsicherheit auslöst. Man fühlt sich verstanden oder unverstanden. Zweifelt an sich, dem Umfeld.

Daraus resultieren dann die oft unvermeidlichen Endlos-Grundsatzdiskussionen, in der die Gegenspieler sich wechselseitig und meist sogar gleichzeitig von ihrer Sicht überzeugen wollen. Dies endet immer und ausschliesslich in beiderseitig unguten Gefühlen. Der Eine vermeintlich der Sieger im Überzeugungs-Duell, der Andere vermeintlich der Verlierer. Dabei gibt es hier immer nur 2 Verlierer.

Heute weiss man schon viel mehr darüber; wer ein Gespräch - auch ein Streitgespräch - zu einem guten, lösungsorientierten Ende führen will, der bleibt in seinen Aussagen immer in der ICH-Form. Erzählt von seinen Gedanken, Gefühlen und Empfindungen, macht keine Unterstellungen und spricht nie von: "Du tust ... Du bist ... Du machst ... Du machst nie ... Du solltest".
Man lässt den anderen ausreden - sagt nicht: "Jetzt hast Du gerade gesagt ..." sondern fragt "habe ich Dich richtig verstanden, dass ...". Dies lässt Möglichkeiten und Wege zu. Weil oft aus Unverständnis Missverständnisse entstehen. Menschen in Verteidigungspositionen werden stets nur "die eigene Haut" retten wollen - und können nicht mehr die Lösung eines Problems in den Blickpunkt stellen.

Diese und anverwandte Themen sind mir so wichtig ... vielleicht weil ich persönlich oft damit zu tun habe (wer hat das nicht?). Vielleicht, weil ich jahrelang in der Gewaltprävention gearbeitet habe, vielleicht weil ich jahrelang mit suizidgefährdeten Menschen zu tun hatte. Vielleicht weil Menschen mein Hobby sind. Mir mein Wissen und meine Neugierde noch viel mehr wissen zu wollen, mir Möglichkeiten eröffnen. Vielleicht, weil ich - unter anderem - ohne diese Grundlage das letzte Jahr nicht schadlos überstanden hätte ... und mich zusammen mit den Menschen die ich liebe, den aktuellen Herausforderungen stelle. Im Wissen: "Es chunnt scho guet!". "Alles wird gut".
Und ... ich liebe das Leben! Die Menschen.

Ich lerne jeden Tag - unter anderem auch hier, in euren Blogs.


DAFÜR: DANKE!

13 Kommentare:

dieMia hat gesagt…

Liebe Fränzi,
heute ganz besonders, fühle ich mich dir mehr verbunden, als je zuvor. Es scheint, wir haben viele Gemeinsamkeiten. Schöne, aber auch die unschönen. Auch mein Vater-Tyrann hat mich zu dem gemacht, was ich bin: stark und tolerant (hoffe ich zumindest). Du sprichst mir aus der Seele - andere Meinungen sind gut! Sie regen an, seinen eigenen Standpunkt aus einer anderen Perspektive zu beleuchten. So lernt jeder - bzw. jeder der offen für anderes ist.
Ich wünsche dir einen wunderbaren Sonntag, Freundin.
LG; dieMia

Sternenzaubers Geschichtenhimmel hat gesagt…

Liebe Mia

Deine Seele war schon immer sehr gut zu spüren für mich, heute sehrsehr gut. Es ist ein schönes Gefühl.
Dafür danke ich Dir.
ja, Du bist stark und tolerant. Eine tolle Frau. Und davon haben wir in unseren Blog ganz schön viele - auch Männer übrigens!

Dir und Deinen Lieben auch einen wunderbaren Sonntag mit viel Schönem, Liebem.

Herzlichst mit Lächelgrüessslis
Deine Freundin - Fränzi Sternenzauber

Dies und Das vom Neckarstrand hat gesagt…

Liebe Franziska,
ich glaube, daß gerade in meiner Generation der Vater als Patriarch das Sagen hatte. Auch ich hatte lange Zeit "Angst" vor ihm. Erst als ich mein Leben allein in die Hände nahm konnte ich mich lösen. Und als ich ihm dann bewiesen habe, daß ich es auch allein geschaft habe, war ich frei. Heute bin ich ein selbstbewußter, zufriedener Mensch geworden,
Ich gebe zu: Es war eine harte Schule - aber ich habe es durchgehalten.
Liebe Grüße
Irmi

Anonym hat gesagt…

Oh Caramella, whou mit 5 hast also schon das Konzept für dein Leben in die Hand genommen!
Ich war nicht so frühreif, hatte jedoch auch nicht die selben Herausforderungen wie du zu bewältigen!!!!
Im letzten Mai war ich an einer Fortbildung über gewaltfreie Kommunikation!! Sehr gut, sehr spannend, sehr erstebenswert... aber ehrlich wenn ich einmal richtig furrrrriiiiiiiööös werde, brennen mir die "Habe ich dich richtig verstanden,-Batterien voll durch und ich falle bodenlos in meine alten Müsterchen! Aber eben der Weg ist das Ziel und ich bin ja unterwegs und noch nicht in der Vollendungsphase....
Aber so schnell kommt es zum Glück nicht soweit!! was mit anderen Worten heisst, dass ich nicht ganz so schnell entflammbar bin!!
Sei herzlich gedrückt und bbbbb

Anonym hat gesagt…

Wahre Worte, die ich leider erst vor knapp 3,5 Jahren komplett umsetzte und mich zu dem veränderte, was ich eigentlich immer sein wollte.
Bis dahin war ich ein graues Mäuschen, wie man so schön sagt. Ich ließ alles über mich ergehen, wagte nie ein Widerwort zu sagen und lebte so vor mich hin, gründete eine Familie und das wars.
Das Leben zog irgendwie an mir vorbei, war geprägt von einigen Problemen, die mir auch halfen, aus mir rauszugehen.
Doch so doof wie es sich vielleicht anhört, aber eine Band bereicherte plötzlich mein Leben, deren Geschichte bzw die Biographien der Mitglieder sich wie Märchen lesen.
Seitdem wage ich es auch meine Träume wahr zu machen und für Dinge zu kämpfen, die MIR guttuen und wichtig sind.
Die zeigen, dass ich auch was ganz persönliches und einmaliges bin.
gglg Nici

die Malerin hat gesagt…

Liebe Nici,
wenn ich Dir hier mal was sagen darf, jeder Mensch sollte das Gefühl haben, was ganz persönliches und einmaliges zu sein. Es ist schön, das Du es auch für Dich gefunden hast, denn es ist etwas sehr wichtiges im Leben. Gerade diese Vielfalt im Leben, das es so viele bunte Schmetterlinge gibt, macht diese Welt so einmalig mit ihren Menschen. Und zu kämpfen für eine Sache die Dir gut tut, ist das beste was Du machen kannt.
liebe Grüße von Fränzis Freundin Lydia

alice hat gesagt…

liebes Fränzi
beim Lesen hier wurde ich sehr nachdenklich und war sehr berührt.
Was für eine starke Frau, was für eine Persönlichkeit, was für eine Grösse. Ich würde gerne eine Scheibe davon abschneiden!

Ich wuchs auch mit einem dominanten Vater auf. Meine Mutter war der ruhende Pol in der Familie. Dort konnten wir hin flüchten, wenns uns zuviel wurde.
Sie ist leider vor meinem Vater verstorben, so blieb sie bis zum Schluss das was sie immer war. Bescheiden, unterwürfig...die gute und schöne Erinnerung an sie ist und bleibt aber für immer.
Erinnerungen an den Vater sehen etwas anders aus.
Man sagt ja immer, dass, wenn man Schläge bekommen hat als Kind, einem das nicht geschadet hätte. Natürlich sind keine Striemen und blaue Flecken mehr da. Wie aber sieht es mit den Wunden in der Seele aus, auch nach so vielen Jahren? Vergeben, aber nie vergessen!

Ich bin geworden wie meine Mutter. Ein ruhiger Pol, aber ich habe auch das Glück, einen Partner zu haben, der genau so liebevoll mit mir und den Kindern umgeht, und mit den Enkelkindern erst recht.

ich bin dir dankbar für das, was du heute uns vermittelt hast. Ich habe wieder einmal begriffen, um was es in Wirklichkeit geht. Ich habe gemerkt, dass ich eigentlich sehr dankbar sein darf.

Ganz liebe herzliche Grüsse und einen schönen Sonntagsausklang wünscht dir
Alice

ALEXANDRA SCHMID hat gesagt…

Liebe Franziska,

Jetzt wollte ich den Sonntagabend noch gemütlich mit einer Blog-Besuch-Runde ausklingen lassen und dann lande ich hier bei Dir mitten in einem Thema, das auch mich seit Jahren beschäftigt.
Es hat mich sehr berührt, hier von Deinem Weg zu lesen, den Du schon so früh und bestimmt auf eigenen Füssen hast einschlagen müssen.
Ich hatte zwei sehr dominante Elternteile, wovon der eine sich eher an die physische, der andere an die psychische Gewalt hielt. Ich glaubte bis ins Erwachsenenalter, dass ich so wie ich bin komplett "falsch" bin und geriet deswegen in eine tiefgreifende Lebenskrise.
Rückblickend bin ich auch sehr froh für meine Erlebnisse von früher, sie haben mich gelehrt, heute Stärke und Vertrauen aus mir selber zu ziehen, anstatt immer nur darauf zu hören, wie andere "es" richtig oder falsch finden.
Ich sehe es bei Dir und ich sehe es bei mir:
richtig und falsch existiert nicht.
Es gibt aber ein einzigartiges "ich" und das hebt sich eben im anders sein, anders denken und anders leben von dem ab, was man hinter sich gelassen hat.
Wie schön, dass Du so bist, wie Du bist.
Gerade heute bin ich besonders dankbar dafür.
Alles Liebe,

Alexandra

Elisabeth J.-S. hat gesagt…

Liebe Fränzi
ich fühle mich so verbunden mit Deinen Zeilen. Genau das Thema geistert mir seid Tagen durch den Kopf. Und Du hast es nun so geschrieben und in Worte verpackt, wie ich es nicht schaffen kann. Nein, es war nicht der Vater bei mir. Doch wenn man mit 16 Jahren einen Mann heiratet, mit ihm drei Kinder hat, 2o Jahre zusammenbleibt ... und er ist so und fast noch schlimmer wie Du es schreibst ... ja, da gäbe es viel zu schreiben. Und weil ja nun zwei meiner Kinder, die ich mit ihm habe, Geburtstag hatten ... kam die Frage: Schreib ich ins Blog, warum ich mit ihm nichts mehr zu tun haben mag? Mir selber fehlt nicht mehr der Mut zum "Mund auf machen". Ich habe in den letzen 13 Jahren Entwicklungen durchgemacht, die mich selber am meisten freuen. Aber, es gibt die Kinder.(sind nicht mehr klein, aber Kind von ihm bleiben sie ja doch!) Ich hab ihn nun einfach nicht erwähnt. Und was sagt zufällig heut die Tochter: Wegen mir brauchst Du da keine Rücksicht nehmen. Da darf schon stehen, was wir durchgemacht haben. Ja, sie ist so wie Du geworden. Hat auch mit 5 Jahren schon so wunderbar reagiert. Wir haben es auch schön miteinander. Sie kann gar nicht verstehen, warum ich jahrelang so was geduldet habe .... ich auch nimmer! Doch was soll ich sagen, ich schreib nix in mein Blog, weil die Söhne den Vater durch eine andere Brille sehen .... eine blinde Brille!
Danke für Deine Zeilen heute. Sie haben mir so gutgetan. Und haben mir gezeigt, dass man auch wenn man älter ist, die Dinge noch ändern kann. Der eine mit schon 5 Jahren, der andere mit fast 4o. Und so entsteht die Augenhöhe. Es ist nie zu spät.
Liebe Grüsse
Elisabeth

die Malerin hat gesagt…

Liebe Fränzi und alle Anderen,
durch diesen Post habe ich mal erst gesehen, wie gut ich es mit meinen Eltern getroffen habe, die mich so frei erzogen haben, das ich mich so entfalten konnte wie ich bin, eine starke Persönlichkeit. Ja und mit meinem Mann habe ich es genauso gut getroffen, er lässt mir Dir die Freiheit die ich brauche, ich zu sein, er nimmt mich so wie ich bin und liebt mich mit allen Ecken und Kanten. Und von den Kanten habe ich einige. Mein Schwiegervater war dominat, gewalttätig und bösartig und wollte die ganze Familie beherrschen und mich und meinen Mann auseinanderbringen, zerstören. Das hat er nicht geschafft, weil wir zusammengehalten haben und ihm gemeinsam die Stirn geboten haben. Diese Menschen, die bösartig, gewalttätig und dominat sind, können mir nur leidtun, traurig waren wir nicht, als er gestorben war. Unsere beiden Kinder haben wir auch zu starken Persönlichkeiten erzogen, die aber sehr, sehr offen sind für alle Menschen und sich auch für andere einsetzen. Fränzi kennt ja alle beide.
liebe Grüße Lydia

Heidegeist hat gesagt…

Und deswegen bist du, was du heute bist. LG Inge

alice hat gesagt…

ja genau

Sabine Gimm hat gesagt…

Liebe Fränzi,
du hast das Herz am rechten Fleck. Ich würde dir jetzt am liebsten das Lied "klein Erna aus Hamburg" vorsingen. Das ist schon ganz alt, aber ich liebe es und es passt zu dir, auch wenn du nicht aus Hamburg kommst.
LG Sabine

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