Donnerstag, 18. November 2010

EINMAL SUPPE BITTE! ABER ...

.... ohne Croûtons! Nein, kein Brot. Ja, einen Salbeitee ungesüsst. Danke!

Aber bevor ich mich jetzt erkläre, heisse ich erst mal JENNY herzlichst WILLKOMMEN bei mir im Sternenhimmel. Schön bist Du da! Ich freue mich sehr! Hab Spass und geniesse die kleinen, grossen, normalen und weniger normalen Alltagsgeschichten meines spannenden Lebens.

Und nun: Mein Gestern:
"Einmal Suppe bitte. Aber ohne Croûtons!" So lautete gestern meine Menübestellung. Wieso?
Der Grund ist in meiner lieben Frau Bürgy zu suchen. Frau Bürgy ist meine Dentalhygienikerin.
Der Anfang meines gestrigen Elendes.

Weil:
Normalerweise und in Wirklichkeit steht ja so eine DH-Assistentin im weissen Kittel und rosa - wahlweise hellblauem - Mundschutz an der Türe beim Zahnarzt, lächelt süffisant und heisst einem herzlich Willkommen. Wissend, welch Qualen dem armen Wurm im Türbogen warten. Meine Frau Bürgy hat so eine zarte Flöte-Stimme, ist auf den ersten Blick auch eine total Liebe, stets freundlich, höflich, liebenswert, humorvoll.
In meinen düstersten Gedanken aber, das steht die Frau Bürgy also da - gekleidet in eine Höhlenforscherausrüstung, was da heisst: gutes Schuhwerk, Helm mit Stirnlampe, robuste und wasserdichte Kleidung - selbstredend atmungsaktiv, dazu Steigklemmen, Hammer, Schlagbohrer, Steigeisen, Eispickel, Laschen, Schrauben und ähnliches.
Mein Mund ist nämlich nicht einfach nur Mund und Zähne - nö. Mein Mund ist anscheinend so eine Art Tropfsteinhöhle - mit lautet Stalaktiten und Stalagmiten. Will ich dem Sinn der Rede von Frau Bürgy glauben - die mich deshalb auch schön alle 6 Monate zur Höhlensäuberung aufbietet.


Schon 3 Tage vorher kann ich kaum ohne Albträume schlafen. Die Nacht vorher erwache ich mindestens 3x schweissgebadet und schleiche die Wände entlang. Weil meine Zahnärztin das weiss, ruft sie mich auch immer mit Säuselstimme einen Tag vorher an und sagt gaaaanz harmlos: "Hallo liebe Frau Sternenzauber. Ich wollte sie nur kurz daran erinnert, dass wir uns morgen um 08.00h sehen - haben Sie unseren Termin noch in Rechnung?" Wohlwissend, dass ich all meine Kraft darauf verwende, dieses Ereignis erfolgreich zu verdrängen um mich dann infolge "Nicht-Erinnerns" 5 Minuten vor Torschluss - höfliche Entschuldigungsworte stammelnd - abzumelden.
Funktioniert leider nicht mehr.

Und so kam es, dass ich gestern pünktlich um 08.00h in der Türe meiner charmanten Peinigerin stand. Klein und kleinlaut. "Na, wie geht’s Ihnen denn, liebe Frau Sternenzauber? Sie sehen ja heute wieder herrlich violett aus - voll cool!". Meinem Zustand entsprechend kann ich höchstens ... also allerhöchstens ... hellblassviolett daher gekommen sein. Ich brachte noch knapp ein "na ja, an und für sich ging es mir bis gerade eben prima" - zustande ... und schon lag ich in der Waagerechten auf dem Folterstuhl, während mein innerstes Empfinden senkrecht stehend um Hilfe schrie.
"So - dann wollen wir mal sehen, was das Zahnfleisch so macht" - sagt SIE - sticht mit einer Spitzhacke voll rein und wundert sich dann "es blutet". Bingo. So ging das dann weiter. "Haben wir auch immer schon die Zahnseide benutzt?". Ja haben wir, aber wenn es zu hakeln beginnt, weil in meinen viel zu engen Zahnzwischenräumen sich der Zahnstein ansammelt und ich dann mit Anlauf die Zahnseide unter die Zahntaschen semmle - laute Schmerzensschreie von mir gebe - mache ich das nicht mehr 2x am Tag. Zugegebermassen nicht mal 1x am Tag. Unter dem Strich 5 x in der Woche.
Jedes Mal wenn ich wieder so einen DH-Termin überlebt habe, schwöre ich mir hoch und heilig: Ab jetzt zahnseidelst Du in der Freizeit, als Hobby! Mindestens 3x am Tag! Nie ohne ins Bett! Die ersten 3 Wochen geht das problemlos. Dann kommt die Rechnung der Zahnärztin. Dies bewirkt, dass ich weitere 3 Wochen kommentarlos die seidene Qual in die Zwischenräume presse.


Ab da verliert sich der gute Vorsatz leider ein bisschen ... leider. Und es bleiben unter dem Strich die 5x in der Woche.
Auf Anraten habe ich die sündhaft teure Super-Drooper-Ultraschall-Zahnbürste gekauft, benutze die empfohlene Pasta mit 10x-fach-Schutz gegen alles Mögliche, spüle regelmässig mit der angesagtesten alles angesagten Mundspülungen und habe sogar immer ein Reisezahnbürstli mit dabei. Mümmle auf Zahnweiss-Kaugummis rum und lutsche Anti-Zahnbelag-Drops.
Trotzdem höre ich alle 6 Monate: "Haben Sie auch gemacht, was ich Ihnen geraten hab?". Ja, habe ich! Aber irgendwie ...

Kennt ihr dieses Gefühl, wenn die DH so unvermittelt unter den oberen Zahnfleischrand bis hinten zum Ellbogenknochen und in der unteren Zahnfleischrandreihe die Fersen von innen berührend zusticht? Wenn man das Blut fliessend spürt? Sein eigenes Stöhnen nur noch von Weitem hört? ICH MAG ES NICHT! NEIN! ICH WILL NICHT!

Gestern Mittag wollte es dann das Schicksal, dass mein Chef mich zum Essen einlud. Erstens war eine ganz liebe Freundin von uns da - und zudem hatten wir nämlich gerade Steuerkontrolle und alles bene. :-)
"Kommt Frauen" - sagte Chef - "lassen wir es uns auf meine Kosten gut gehen". Tja. Hätte ich ja gerne. Aber blöd war, dass meine Mund derart malträtiert war, dass selbst Kaffee trinken weht tat. Eiswürfel lutschen zur Herausforderung wird. Essen? Also so richtig mit Messer und Gabel ... Salat, Fleisch, Gemüse - im schlimmsten Fall noch Pommes??! Forget it! Weil ich einfach grundsätzlich gerne mit der Freundin des Hauses (Ursi! Sei herzlichst gegrüsst!) und dem Chef zusammen bin, trabte ich logischerweise mit ins Restaurant. "2 dl stiller Mineralwasser und 1 Tagessuppe, dreifach püriert - ohne Croûtons!"
Sah dann sabbernd zu, wie Chef 1 und Chef 2 das Wildragout mit Rotkohl und Spätzli genüsslichst verputzte. Von mir war bloss ein leises *SCHLÜRF* hörbar.

Etwas Gutes habe ich dem ganzen Zahnarztbesuch gestern Morgen aber doch abzuringen: Gleich nach der DH ist dann immer Kontrolle bei der Zahnärztin im Nebenzimmer. Seit sie mich kennt, hat sie extra violetten Mundschutz, violette Handschuhe und sogar violette Watte-Tupfer. Super-Service, muss ich wirklich sagen.
"Prima, alles bestens!" sagte mir die Zahnärztin. Und klebte mir noch das kleine Edelsteinchen auf den rechten Steilwand-Eckzahn. Jetzt blinkt es beim Lachen. Fein! Sieht toll aus!

Und überhaupt. So schlimm war es ja eigentlich gar nicht. Nur ein bisschen - wenn auch ein bisschen sehr.
Und ich kann jetzt auch wieder kraftvoll zubeissen.


Den neuen Termin habe ich übrigens auch schon: 30.05.2011, 08.00h.
"Wir freuen uns, Sie dann wieder zu sehen!" - sagten DH und Zahnärztin beim Abschied.
Auch wenn meine Vorfreude sich in Grenzen hält und vielleicht nicht mit der genau gleichen Intensität an Gegenseitigkeit grenzt: Eigentlich sind die Beiden ja ganz nett.

SOGAR FRAU BÜRGY

10 Kommentare:

Elisabeth J.-S. hat gesagt…

Wenn ich es nur lese, klopft mein Herz schon....ich hab da mein einzigsten Problem. Lieber Kinderkriegen, sag ich immer...
Tapfer bist Du, Frau Sternenzauberin
Liebe Grüsse
Elisabeth

Diana´s shabbylove hat gesagt…

Liebe Franziska ,
wahrscheinlich gehöre ich zu den wenigsten Frauen die damit " Gott sei Dank " keine Probleme haben !
Ach Du tust mir soooo Leid aber es muß eben auch gemacht werden !!!
Liebe Grüße Diana

Anonym hat gesagt…

Caramella ich Frankreich hat frau keinen Zahstein!!! Hatte früher ähnliche Erlebnisse ...stell dir vor die DH hiess Frau Puzzi und meine Schwester, die übrigens auch bei dir mitliest, hat mir aufgrund eines deiner unlängst erschienen Posts gesagt, dass es in SG einen Zahnarzt gebe, der Maulauf heisse....
Nein, um nicht vom Thema abzuschweifen!! War letzthin nach 3!!!! Jahren wieder einmal am Kircheplatz in Sowieso beim Zahnarzt Herr Von der Kirche(also alles auf franzisch, versteht sich!!)....und der hat weder gebohhhhrt noch geschimpft und musste nur rechts unten ein ganz kleines Zahnsteinhäufchen wegputzen....
Muss los schâri kommt und wir werden ESSEN!!
Herzlich und bbbbb

Birgitt hat gesagt…

...mit dir, liebe Fränzi, macht sogar ein Zahnarztbesuch Spaß - allerdings nur als Leserin, den Mund würd ich nicht freiwillig aufmachen.
Jetzt hast du ja erstmal wieder Ruhe.
Wünsche dir einen schönen Tag,
liebe Grüße von Birgitt

malesawi hat gesagt…

Es gibt wirklich angenehmere Sachen als einen Zahnarztbesuch. Mit der zahnseide musst du aufpassen. Man kann abhängig werden! Wenn du dich daran gewöhnt hast, stört dich jeder Krümel, du verstaust in jeder Tasche ein Päckchen Zahnseide und leidest, wenn du es doch vergessen hast. Du verlässt nach dem Essen jede gemütliche Tischrunde um unaufffällig in einer dunklen Ecke deine Zahnzwischenräume zu behandeln....
Ich spreche da aus Erfahrung!
Liebe Grüße

dieMia hat gesagt…

Ich kann dich soooo gut verstehen...
Ganz liebe Grüße von einer Leidensgenossin
dieMia

Anonym hat gesagt…

Ich mags auch nicht!
Schon alleine der Gedanke daran,
lässt mich erschaudern.
So bekam ich schon Angstzustände beim Lesen
aber ... ich musste sooo lachen.
Da vergaß ich alles und wenn ich da wieder hin muss,
denke ich an deinen Blog hier!
lg Nici

Ingrid - min Rägeboge hat gesagt…

Hei Fränzi, ich habs da gut!!! Meine Tochter ist in Ausbildung zur DH und ich lerne so zu sagen mit ihr mit (naja, so ein bisschen). Es ist total interessant! Und so lerne ich auch, was ich machen kann, damit diese Tropfsteinhöhlen erst gar nicht entstehen! Sie ist sowas von pingelig und genau! Ich darf mich regelmässig zu ihr auf den Stuhl setzen. Komischerweise schlafen bei ihr die Patienten fast ein, sogar wenn es im Mund schlimm aussieht! Irgendwie hat sie das Händchen dafür. Ein Bild von ihr und mir ist übrigens in meinem Blog *grins*...

alice hat gesagt…

Ich habs auch noch nicht lange hinter mir und darf wieder ein paar Tage durchschnaufen.
Da sich unser Zahnarzt mit DH in Deutschland befindet, haben wir immer schon bei der Anfahrt echt viel Zeit, uns auf diese Tortur vorzubereiten und der Versuch, Ängste abzubauen ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Auch die im Aquarium herumschwimmenden Fische im Warteraum können nicht beruhigen. Da beneide ich höchstens die zahnlosen "Viecher"

Aber eines sei dir gewiss, besser hie und da diese DH-Besuche, und nach zwei Tage wieder beissen können, als nie DH, und dann ein leben Lang nur Suppe schlürfen.
In diesem Sinne, gute Nacht und morgen ein ausgiebiges Frühstück wünschend, sei lieb gegrüsst!
Alice

ALEXANDRA SCHMID hat gesagt…

Hmmm, der Zahni und ich... ich glaube, das wird in diesem Leben nichts mehr. Wir werden einfach nicht warm miteinander, was aber nicht an seinem Charme liegt, den man nur oberhalb seines Mundschutzes ablesen kann, sondern eher an seinem Beruf. Brrr! Da gehe ich schon lieber zur DH. Aber auch dahin nur mit Überwindung, weil ich es unheimlich finde, dass sie mir mit Vollbeleuchtung bis zum Halszäpchen gucken kann. Ich habe irgendwie immer das Gefühl im Hintergrund laufe der Soundtrack zum Frankensteinfilm.... Grrrruselig! Zum Glück muss ich auch erst wieder nächstes Jahr hin!
Danke für das Schmunzeln auf meinem Gesicht!
Ich wünsche Dir ein ganz schönes Wochenende!
Alles Liebe,
Alexandra WortSchmid

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