Freitag, 23. Juli 2010

DAS WESENTLICHE IST FÜR DIE AUGEN UNSICHTBAR

Heute möchte ich euch von einer Begebenheit erzählen, welche schon ein paar Wochen her ist.
Mir allerdings noch derart präsent, als wäre es eben vorhin passiert.
Ein bisschen ernst und ganz viel lustig - vor allem aber beeindruckend.
Das wage ich so zu formulieren, weil meine Freundin Jeanette dies genau so sagt.

Jeanette ist eine supertolle Frau. Aufmerksam dem Leben gegenüber. Aufgeschlossen. Interessiert an allem Möglichen. Klug und einfühlsam. Reist in der Weltgeschichte herum - gestern Galapagos-Inseln, morgen Burma. Studiert mit ihren 33 Jahren Sozialpädagogik und in einem Jahr schliesst sie ab. Glücklich, wer in ihre Hände fällt.
Im Umgang mit ihr vergisst man völlig: Jeanette ist blind.
Sie war es nicht immer. Jeanette leidet unter einer seltenen Krankheit, die ihr täglich immer ein klein wenig mehr Augenlicht nahm. Erst nur fleckenweise. Bis nur noch kleine Flecken Sehrest blieben. Und heute gar nichts mehr. Viele Menschen haben sich oft gewundert, wie es sein kann, dass diese junge Frau mit Blindenstock und Blindenhund im Zug am Zeitung lesen ist.
Die Erklärung: Als sie noch kleine Ausschnitte sehen konnte, hat sie sich Textteilchen um Textteilchen zusammen gelesen - im wahrsten Sinne des Wortes.
Heute kann sie nicht mehr lesen, aber sie kann ganz vieles Andere.

Gerade gestern hat Jeanette mich wieder verblüfft. Da eile ich am Abend dem Bahnsteig entlang auf den Zug und höre plötzlich jemanden meinen Namen rufen: "Frääääääääänzi!!!"! Ich schaute mich um und fiel Jeanette freudestrahlen um den Hals. "Oh Jeanette! So schön Dich zu sehen, habe Dich schon lange nicht mehr angetroffen!". Jeanette lächelte verschmitzt und meinte: "Letzten Samstag haben wir uns im Städtchen um Minuten nur verpasst. Du bist so gegen Mittag im Bälliz gewesen und bei der kleinen Passage über die Brücke gegangen". Ja, war ich. "Von wo weiss denn Du das wieder? Sehen konntest Du mich ja nicht??". Sie kicherte - "ach Fränzi, ist doch ganz einfach, Dein Parfum ist einmalig - erstens sehr sehr selten und nur Du duftest damit so - Dich erkenne ich sofort, ich mag Dich gut riechen".
Wie gesagt - Jeanette ist einfach rundum patent. Gäbe es sie nicht, man müsste sie erfinden!

Diesem Treffen gestern verdankt ihr heute diese Geschichte. Ich erinnerte mich.
Also - dann setzt euch jetzt mal im Halbkreis um Tante Franziska, seid aufmerksam und hört zu:

Jeanette und ich waren im Bus Richtung Bahnhof. Mit dabei ihr Blindenhund Balu. Eine Mutter stieg mit dem ca. 4-jährigen Töchterchen ein - die Kleine stürmt sofort auf Balu zu, streichelte ihn, herzte ihn. Balu ist als Blindenhund natürlich eine Seele von Hund - geduldig, entspannt und sehr freundlich im Wesen.
Die Kleine hielt aber plötzlich inne, als sie sah, dass Balu so ein komisches Geh-Geschirr trug. "Du Mami, warum hat der Hund sowas an?"


Mami erklärte dem Töchterchen, dass dieser eine Blindenhund sei und deshalb so ausschaue. Die Kleine erschrak sich sichtlich, verzog den Mund zu einem Schnute, die Lippen begannen zu zittern und sie jämmerlich zu weinen. "Oh Lisa ... was ist denn los?" fragte die Mutter. Lisa - hemmungslos schluchzend: "Ohh der arme Hund, der ist blind. Das ist soooo traurig!" ... und Tränchen rannen über das kleine Gesicht.

In diesem Augenblick schaltete sich Jeanette ein: "Liebe Lisa, Du hast da etwas wohl falsch verstanden. Schau mal, ICH bin blind und Balu führt mich durch die Welt, er hilft mir, ersetzt mir meine Augen - damit ich sicher an mein Ziel komme. Ein Hund der einen blinden Menschen führt, den nennt man Blindenhund. Balu geht es wunderbar und er kann Dich sehen".

Die kleine Lisa schaute verwundert, schluckte die letzten Tränen runter und wischte sich mit dem Pulliärmel den Rotz vom Gesicht. Ihre Äugelein begannen zu glänzen, ihre Mundwinkel zeigten nach oben ... "Mami, Mami, der Hund ist ja gar nicht blind!! Nur die Frau. Ich bin so froh!"-
Es war deutlich sichtbar, dass die Mutter sich in diesem Moment ein grosser, schwarzes Loch gewünscht hat - während Töchterchen Lisa mit der Welt versöhnt war.

Natürlich war es wieder Jeanette, die mit ihrem unbeschwerten, offenen Lachen und ein paar richtigen Worten zum richtigen Zeitpunkt die Situation für Alle Beteiligten zum eindrücklichen Erlebnis werden liess. Mutter und Kind waren glücklich.


Sie ist wirklich und wahrhaftig das beste Beispiel dafür, dass das Wesentliche für die Augen unsichtbar ist.

UND BLEIBT!

14 Kommentare:

Su hat gesagt…

Guten Morgen liebste Frau Sternenzauber :)

Deine Bilder von Thun - ein Traum. Ich war noch nie in der Schweiz, aber wer weiß, irgendwann mal...

Deine Geschichte ist wie immer toll. Jeanette würde ich gern mal kennenlernen wenn ich mich in die Schweiz verirre. Und auch deine Fabi ^^ Natürlich - auch dein Schatz darf net fehlen.
Müsste ein langer Urlaub werden *lach*

Fühl dich gedrückt von uns dreien

Sternenzaubers Geschichtenhimmel hat gesagt…

Meine liebe Su!
Da wäre so schön, kämt ihr mal! Und klar, du würdest sie Alle kennenlernen - und Thun auch!

Danke für den Drücker - tut gut. Heute ist ein wichtiger Tag ...
Herzliches Drücker-Grüessli zurück mit Lächeln
Deine Frau Sternenzauber

Anonym hat gesagt…

Oh Caramella ich bin schon etwa sooooooooooooo im Verzug und so habe ich gerade noch eins draufgesetzt und deinen neunen Post reingezogen!!
Herrlich, eindrückliche Geschichte!! Da kann frau immer wieder staunen wie unsere Sinne zum Teil vor sich hin dösen....
Eigentlich bin ich ja auch gwunderig geworden in welche unverkennbare Duftwolke du dich da jeden Morgen einzauberst...
Aber jetzt müssen Nâgel mit Köpfen her...ran an den Speck und dir ma chère einen ganz gelungenen und glücklichen "Wichtigen Tag"!
Mit einen herzlichen bisou und allelm drum und dran!
bbbb

Sternenzaubers Geschichtenhimmel hat gesagt…

Liebes Brischittchen
Ich bringe dann morgenmal meine Parfum-Geschichte. Dann weisst Du alles! :-)
Der wichtige ist ... heute geht es um die Arbeitsstelle vom Katerli. Da er einen Managerposten inne hat und ein wichtiges Tier ist, probiert man wahrscheinlich, einen Aufhebungsvertrag zu unterbreiten ... sieht nicht wirklich gut aus. Man wisse ja nicht ...
Besprechung im Krankenhaus mit seinem Chef und Abgeordneten der Firma, mit Oberarzt und anderen Aerzten. Ich bin nicht "zugelassen". Werde aber draussen auf dem Stuhl sitzen und warten. Bis zu welchem Ende auch immer. Selbst bis zum bitteren ...
Daumen drücken um 16.00h!!
MüntschiLächelGrüessli
dis Fränzi Schtärnezouber

Johanna Gehrlein hat gesagt…

Hallo Fränzi,
"...nur die Frau....", ich lach mich weg. Ja, so geht es, Kinder entscheiden ganz klar nach ihrem eigenen Herzen, ohne lange über Rücksicht und solche Sachen nachzudenken. So, wie du sie beschreibst, ist Jeannette wirklich eine patente Person, du scheinst solche Menschen magisch anzuziehen. Kein Wunder. Der zweite Lacher galt deinem neuen Spitznamen: Caramella! Wer könnte alles, was wir für dich empfinden, besser in Worte kleiden als Brigitte. Lass es dir gut gehen und bleib uns gewogen.
Herzliche Grüße von Johanna

Sternenzaubers Geschichtenhimmel hat gesagt…

Liebe Johanna
Danke für Deine lieben Worte - war ein besonderes Erlebnis damals.
Caramella finde ich im wahrsten Sinne des Wortes zurückersüss.
Liebe Johanna, ja, ich probiere es mir täglich irgendwie gut gehen zu lassen. Irgendwie.
Ich komm wieder, keine Frage - heute ist nicht aller Tage. :-)
Herzlichst und mit Umamrungs-Müntschi-Grüessli-Lächeln
Deine Franziska Sternenzauber

Schneeflocke hat gesagt…

Hallo Franziska,

wieder eine ganz herrliche Geschichte. Und ich drücke sämtliche Daumen für das wichtige Gespräch.

Fühl dich umarmt............ Birgit

Sternenzaubers Geschichtenhimmel hat gesagt…

Liebes Flöckchen

Danke Danka Danke - die Umamrmung ist ganz doll und das Dauemn drücken auch.
Wer weiss ... vielleicht zwingen wir das Glück ja auf unsere Seite?
Ich will den Leuten da auf jeden Fall in die Augen schauen. Das muss ich sehen, erleben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die einfach so mir nichts dir nichts den Kater raus spedieren. Das geht doch nicht!
Ich will denen in die Augen schauen. Bin grad ziemlich aufgeregt ...

Lächelgrüessli mit Umarmung, JETZT ERST RECHT!
Deine Franziska Sternenzauber

Rosine hat gesagt…

Ach Sternenzauberin, was für eine schöne, traurige Geschichte.
Liebe Grüße

Bine hat gesagt…

Wieder einmal wunderschön, du holst deine Worte doch wirklich vom Himmel, oder?

Ich hatte heute eine Dame bei mir im Laden, sie duftete so wundervoll, das musste ich ihr direkt ins Gesicht sagen. Schaute sie erst ein wenig verwirrt und lächelte dann ganz süß.

Novemberkind hat gesagt…

Eine schöne Geschichte, Fränzi Schtärnezouber. :-)
Ja, leider neigen die Menschen oft dazu vieles ganz oberflächlich an Äußerlichkeiten festzumachen. Als blinder Mensch sieht man wahrscheinlich mehr und weiter, als ein Mensch mit zwei gesunden Augen.

DieallesGutewünschtfürdaswichtigeGesprächBina

malesawi hat gesagt…

Eine tolle Freundinn hast du. Gut, dass sie Sozialpädagogik studiert.
Eigentlich ist es doch schön, dass Kinder noch ihre wahren Gedanken aussprechen. Kluge Menschen, wie deine Freundinn, können damit umgehen.
Liebe Grüße und "Daumen drück ganz doll"

Elisabeth J.-S. hat gesagt…

Du hast diese Woche wieder so viel Lächeln zu anderen Menschen gebracht.
Die Mama in Deiner Geschichte kann ich gut verstehen. Kinder sagen einfach alles ohne lang zu überlegen.
Ich wünsche Dir schöne Stunden am Wochenende
ich hoffe, Du bist nicht allein
Elisabeth

Sternenzaubers Geschichtenhimmel hat gesagt…

Meine Lieben Aller
Ich komme eben nach Hause - nach einem 15-Stunden-Tag auf den Beinen.
Wir haben gekämpft ... um seinen Job. Wir gaben alles und mehr. Und wir hatten Erfolg!
Mehr dazu morgen. Ich bin jetzt einfach nur kaputt und total müde. Merh dazu morgen.
Ich möchte Allen für die lieben Worte, das Mut zusprechen, das Daumenhalten und Glück wünschen danken. Es hat uns geholfen. SEHR!
Liebevollst mit Lächelgrüessli und einer Kollektiv-Umarmung
Eure Franziska Sternenzauber

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