Welche Nachricht wollt ihr zuerst lesen?
Die GUTE oder die SCHLECHTE?
Ok ok ok ... zuerst die gute Nachricht:
Also gestern Abend hatte ich einen richtig guten Moment. Aber einen ganz doll richtig guten Moment: "Mein" SCBern hat sich mit dem vierten Sieg in den Halbfinale der Eishockey-Play-Offs geschossen. Und ich war live dabei.
Die schlechte Nachricht:
Ich kriegte in Langnau nur noch Stehplatz. Das heisst nicht nur, dass man stehen muss. Das heisst vor allen: Sich um 17.30h einen Platz sichern. Warten bis zum Matchbeginn um 20.15h ... und ab da ging es dann noch bis 23.00h, weil der Match nach der offiziellen Spielzeit noch nicht fertig war und in die Verlängerung ging.
Was ich jetzt in einem Satz so lapidar dahin schreibe, hat folgenden Hintergrund - den ich euch nun detailliert erzähle:
Der liebe Gott hat damals bei der Grösse mir vielleicht ein bisschen viel von der inneren - und auf jeden Fall ein bisschen zu wenig von der äusseren Grösse zukommen lassen. Lieber Herr Gott, falls Sie in meinem Blog mitlesen: Bitte bei der nächsten Reinkarnation so um die 10cm mehr Bein, damit wäre ich schon ganz zufrieden. Müsste nicht immer die Kurzlänge kaufen und meinen 1.65m entsprechend den Stehplatz ganz vorne an der Bande wählen.
Und hier sind wir nämlich am zu besprechenden Punkt angelangt:
Ich stellte mich also als eine der Ersten ganz vorne an die Bande - freie Sicht aufs Spielfeld. Prima! Da ich schon weit über 40 Jahre an die Matchs pilgere (allerdings normalerweise im Sitzplatzsektor, den ich Jedem ab dem ca. 40 Altersjahren an Herz und den zu wärmenden Po legen würde), gab es viele "Hallos" und "Schön Dich zu sehen". Allerdings immer mit dem etwas bedauernden Blick hinsichtlich meiner Wahl des Stehplatzes. Aber wozu soll ich hinten stehen - da wo ich nichts oder viel zu wenig sehe?
Warum ich das besser hätte tun sollen, wusste ich dann spätestens um 20.15h, als der Match angepfiffen wurde.
Ich war nämlich umringt von einer Horde Paviane.
Also ... sie sahen eigentlich wie ganz normale Jungs und Mädels aus ... vielleicht etwas sehr pubertierend, vielleicht etwas sehr picklig, zwischen Anfang und Ende des Stimmbruchs die Jungs, hochhakig und Minibejupes die neu-östrogenen Mädels mit Quiekestimmlein. Dafür viel viel Schminke. Die Horde Pavi ... Tschuldigung ... Jungs und Mädels roch irgendwie auch sehr sehr pavianös - und ich war wirklich überaus froh, dass die Horde stets mit rechtem, hocherhobenem Arm den ewigen, alles überdauernden Schwur bis in den Tod auf unsere Mannschaft leistete. Einmal hat der junge Herr zu meiner rechten Seite nämlich irrtümlicherweise den linken Arm gehoben - uiiiii, Leute ... der Junge transpirierte derart, dass es mir in den Augen brannte und ich schier tränte.
Mit zunehmender Matchdauer wurde ich dann instruiert, dass ich mit geschätzten 35 Überjahren mitten in "der Szene" stand. Bingo! Da hatte ich ja einen Haupttreffer gelandet. Über mir wurde dann bei jedem Goal ein Banner gespannt. Auf meine Nachfrage, was denn da stehen würde, erklärte man mir genervt: "GMBH!" Hätte mir das was sagen müssen? Ich leitete ganz still und heimlich für mich ab, dass dies "Gesellschaft mit beschränkter Hirnleistung" heissen müsse. Es muss so sein.
Anfang des Match - als unsere Helden das Eis betraten - hatte sich nämlich folgende Szene abgespielt: Hektik und Nervosität brach in der Horde aus, ein riesiges Banner wurde über die ganze Rampe gezogen, ein paar ganz dürre, klapprige Bubis mit Wangenflaum und Jeans in der Kniekehle erklärten mir in abwechseln hoch-tiefer Stimmlage, dass dies eine lange eingeübte und bis ins kleinste Detail ausgeklügelte Choreo sei, ich auf Kommando das mir in die Hände gedrückte rote Blatt Papier beim aufgerufenen Buchstaben A hoch über den Kopf halten solle und ganz laut mit schreien solle.
Ich schrie dann auch ganz laut - aber vor lauter Lachen. Weil "die Szene" wohl in der Hitze des Gefechtes einen falschen Banner mitgenommen hatte, die Kerle sich gegenseitig beschimpften und einander wechselseitig die Schuld am Debakel zuschoben. Blöd, wenn da sowas wie "frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr steht" anstelle einer exorbitanten Lobeshymne auf die Berner Mutzen steht.
Peinlich!
Je länger der Match ging, je mehr reifte in mir die Überzeugung, dass ich hier in einem Trupp Pavi ... Leute gelandet bin, welche anstelle von Hirnzellen blosses Schalldämm-Material kopfintern mitgekriegt hatten. Nicht nur, dass sie bei Minustemperaturen im T-Shirt ihren Mann standen (durch blau angelaufenen Lippen immer wieder bekräftigten, wie heiss es doch sei) - nein, sie begossen sich gegenseitig immer wieder aufs Neue mit Bier, fanden das total lustig.
Ganz toll fand der Trupp auch, den gegnerischen Fans (welche unglücklicherweise immer wieder vor unserer Stehrampe zu ihren Plätzen durchgehen mussten) Getränke oder die Bratwurst mit Senf mittels einer Fahnenstange aus den Händen zu schlagen. Und falls sich dann jemand erdreistete, auch nur etwa den Kopf missbilligend zu schütteln, wurde derjenige mit bösesten Flüchen und obszönsten Gesten in die Flucht geschlagen.
Ich lehnte mich oft - sehr oft - weit, sehr weit, aus dem Fenster, dass ich entschuldigend und empört über "die Szene" eine Geste der Verbundenheit in Richtung "Gegner" schickte ... und gleichzeitig die Pavi ... die Jungs und Mädels in die Schranken wies.
Eingebracht hat es mir, dass ein paar unschöne Wort über meinem weisen Haupte ausgeschüttet wurden und man mir den Fanstatus glatt weg aberkannte. A) weil man sich in meinem Alter einen passenden Sarg sucht und nichts an einem Hockeymatch zu suchen hat und B) wenn man nix von der Sache versteht, einfach besser schweigen solle.
Ich sage dazu nur: GMBH, sehr sehr GMBH!
Und - kann mir jemand sagen, warum junge Menschen mindestens alle 2 Minuten auf den Boden spucken müssen? Also ganz dringend? Ohne Spucken geht ja gar nix mehr! Wer was zu sagen haben will, muss spucken. Und Pöbeln. Und möglichst laut rülpsen.
Über den ganzen anderen gruseligen Rest lege ich das Tuch des Schweigens.
Den Respekt holte ich mir dann doch erstaunlicherweise noch zurück, als der Paviantrupp konstatierte, dass ehemalige Spieler und wichtige Hockeypersönlichkeiten mich in dem Pulk entdeckten und erfreut zu mir kamen um ein paar Worte zu wechseln. Da war ich dann wieder jemand! Aus "der Alten" wurde "die Hockey-Lady". Diesem Umstand habe ich es wohl zu verdanken, dass ich gleich nach Ende des Matches unbehelligt den Weg quer durch die Stehrampenmenge nach draussen und rein in den Car fand.
Gelernt habe ich gestern: Macht total Spass unter Menschen zu sein. Bloss aussuchen sollte man sie sich können.
Das nächste Mal nehm ich auf jeden Fall wieder Sitzplatz. Versprochen.
Toll war der Abend. Und ich freue mich mit den Spielern auf den Halbfinal!
Den Langnauern möchte ich gerne sagen: Nicht traurig sein! Ihr habt euch tapfer geschlagen und habt den ganzen Eishockeyrespekt verdient. Wer derart mit Herzblut und Mut kämpft, hat Respekt verdient! War schön bei euch! Weiter so!
Wünsche euch Allen nun einen wunderbaren Sonntag! Geniesst den winkenden Frühling und die lachende Sonne.
Und wenn es irgendwie geht: lacht mit.
ICH PROBIERE ES AUCH!
4 Kommentare:
...obwohl ich alle sportlichen Massenansammlungen meide, liebe Fränzi, kann ich mir ob deiner anschaulichen Schilderung deine Lage gut vorstellen, und bleibe dabei, meinerseits solcherart Massenansammlungen zu meiden. Da muss frau wirklich Fan sein...
Wünsche dir einen sonnigen Tag,
liebe Grüße von Birgitt
Wir haben gelacht, mit der Sonne und mit dir! Da ich noch ein paar cm kleiner bin als du, wäre ich sicher auch in der Horde gelandet :-( Bezüglich deines Reinkarnationswunsches fällt mir nur ein: Hast du "Mieses Karma" gelesen? Wenn ja, weißt du sicher, dass Ameisen noch kleiner sind als wir. Vielleicht überdenkst du deinen Wunsch nochmal ;o)
LG Ute
Davon abgesehen, dass bei einem Konzert kein Banner hochgehalten wird, geht es da mitunter ähnlich zu.
Aber wer es nicht mag, der sollte sich davon fernhalten.
Ich mag es, wenn die Massen mitgehen.
Und Nörgler und Mecker findet man überall!
Liebe Fränzi,
ich weiß gar nicht was du willst. 10 cm mehr ist doch kein Problem. Wozu gibt es Highheels mit Plateau? Die taugen auch dafür, pupertierenden Spuckspechten aus Versehen mal auf die Füße zu treten. Pah, das wäre doch gelacht!
LG Sabine
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