Montag, 7. Dezember 2009

ÜBER DAS BESONDERE AN DER NORMALITÄT

Ich mag diese ganz normalen Sonntage. Solche wie gestern.

Meinem Schatz geht es seit gestern Morgen sichtlich besser - er hängt zwar nach wie vor noch etwas in den Seilen, aber ansonsten nimmt er wieder Kater-Mentalität an. So Dinge wie Beschlagnahmung der Fernbedienung, Benutzen meiner Kuscheldecke "OHNE DICH  IST ALLES DOOF" und der alles entscheidenden Frage kurz nach 14.00h: "Was kochen wir heute Abend?"
Seine Locken kringeln sich wie gewohnt ganz normal und kleben nicht mehr wie eingeölt an der schweissnassen, fiebrigen Stirn. Und - er formuliert aktiv und in gewohnter Lautstärke Widerworte!

Ich bin bereits soweit, dass ich an meiner Emanzipationsfähigkeit zweifle, weil nämlich: als mein Schatz so darnieder lag und ich Herrin über Fernseher, Compi, Radioprogramm und überhaupt Allem war ... hat das gar nicht so richtig Spass gemacht.
Irgendwie war es auch schön, das arme Häuflein Elend zu betüddeln, sein Kissen aufzuschütteln, die Hand zu halten, ihm all die Medikamente einzuflössen, ein Küsschen auf seine spröden, aufgesprungenen Lippen zu drücken, seine schmerzenden Schultern zu massieren und die nächsten 24 Stunden unsagbar schlimm nach diesem tierisch stinkenden Tigerbalsam zu müffeln. Ihm gut und Gutes zu tun - ein schönes Gefühl.

Jetzt wo ich mich wieder mit ihm zoffen kann - "Lindenstrasse" und "Nur die Liebe zählt" VERSUS "Biathlon im 1ten" und "Terra-X im 2ten" , ist mir irgendwie wohler. Meine Natur scheint eine gnadenlose Durchschlagskraft zu haben...
Muss ich mir Sorgen machen? Kennt jemand die Mailadresse von Alice Schwarzer...?

Anyway - wir verbrachten den Nachmittag in den baumwollenen, grau-schwarz-melierten ... wie heisst es so wunderbar beschönigend ... Freizeithosen. Das sind die, welche nach 3 Stunden Tragen an den Knien, am Hintern und überhaupt an allen möglichen und unmöglichen Stellen sich beulen und einem aussehen lassen, als wäre man gerade in die Gilde der Clochards eingetreten. Wir lümmelten uns auf der Couch - Nickerchen machend, Händchen haltend, ab und zu einen Blick in der Fernseher werfend. Wir hatten genug zu tun mit atmen, recken, strecken, geniessen.
Aber was haben wir genossen? Im Italienischen gibt es diesen schönen Begriff der dafür steht, was wir getan haben: Dolce far niente. Auch DAS muss mal sein. Und es tat gut! So gut!

Am Abend endlich wieder gemeinsames Essen am Tisch - frische Bandnudeln mit kross gebratenen Pouletbruststreifen und Gemüse. Lecker! Ich kochte, er räumte die Abwaschmaschine ein. Sich einigen auf den "Tatort" um 20.15h, sich anlächeln, Kerzen anzünden und es Sonntag Abend sein lassen.
Endlich mal ein Tag ohne Aktivitäten, ohne Spektakel - dafür mit viel WIR. Würde ich es poetisch sagen wollen, so täte ich es wie folgt benennen: "Lehne Dich an mich und ich habe Halt". Es hat sich so gut angefühlt, diese Ruhe in uns.



Die einen mögen es langweilig nennen, vertane Zeit, ein inhaltloser Sonntag.
Mein Schatz und ich sind uns wortlos einig, dass es ein wunderschöner Tag war. Wären wir nicht vordergründig aus Krankheitsgründen zu einem solchen Tag schier gezwungen gewesen - dann würde ich es viel lieber so sehen, als hätten wir ihn geschenkt bekommen - und dieses Geschenk gerne angenommen.
Diese Grippetage haben nicht nur ihre negativen Seite .... oh nein. Doch es ist wie mit all den Dingen, die einem so passieren. Sie müssen erst sein, bevor man ihnen einen Sinn geben kann.

Als ich mich gestern Abend dann in seinem Arm eingekuschelt habe und auf der Schwelle zum Schlaf war, lächelte ich.
ALLES WAR GUT.

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