Mittwoch, 9. Dezember 2009

LEBENSWERTES UND LIEBEVOLLES

Ich freue mich auf Freitag Abend!

Nein - ich freue mich nicht auf den Freitag weil dann endlich Wochenende ist.
Obschon - Wochenende ist natürlich auch nicht zu verachten. Vor allem wenn ein so schönes Wochenende, wie wir es haben werden, in Aussicht steht: Weihnachtsmarkt in Freiburg i. Breisgau. Einer der Schönsten! Ich mag das....
Wer kommt mit?

Wenn ich an Freitag denke, dann lächelt es mir. Und alles wegen ... Andreas!
Bald ist es 3 Wochen her - und seither geht mir dieser Mann nicht mehr aus dem Kopf. Die Geschichte mit und um Andreas ist etwas Besonderes - und überhaupt nicht so, wie man jetzt auf die ersten Zeilen denken mag. Ich habe mich weder neu verliebt noch etwas anderes in der Art. Es ist so, dass ein Mensch mich schier unbeschreiblich bewegt hat, mich berührt mit seiner Art, mich beeindruckt hat. Sein Wesen. Seine Geschichte. Ja, sie hat mich so tief bewegt, dass die Worte in mir stoben wie die Flocken eines Schneesturmes. Ich musste jetzt erst mal abwarten, bis sich der Buchstabensturm in mir beruhigt hat, die Flocken sich gesetzt haben.

Und jetzt kann ich euch auch von ihm erzählen - und warum ich mich so auf Freitag freue:
Freitag vor 3 Woche, kurz vor 18.00h - endlich Feierabend, endlich Wochenende. Ich stand auf dem Perron und sah den Zug einfahren - gut so, ab nach Hause, ab in die Badewannen. Relaxen. Aussspannen. Geniessen. Die Woche hatte mir alles abgefordert.

Ich stehe übrigens gerne auf Perrons und schaue den Menschen zu - ich sitze auch gerne in Strassencafés und schaue Menschen zu. Ich staune immer wieder ob dem, was ich geboten kriege. Sehr viel Gutes, ab und an weniger Gutes - und vor allem eine Menge Erstaunliches. Menschen sind eine Herausforderung an mich, sie interessieren mich. Oft frage ich mich ... wer steckt hinter diesem Gesicht - was für ein Lebensweg - was für Erfahrungen?

Ich mache mir Gedanken zu den jeweiligen Personen - hat man nur ein wenig das Gespür für sie, merkt man meist schon vom Hinsehen wie es jemandem geht. Wie steht er oder sie da, den Rücken durchgestreckt, aufmerksam, offener Blick? In sich versunken, auch optisch, abwesend, still? Oder kürzlich das junge Mädchen ... rote Augen die alle paar Minuten aufs Handy schauen. Dort drüben - 2 junge Männer die nicht wissen wohin mit Ihrer Energie und um alles in der Welt Aufmerksamkeit erregen wollen. Die alte Dame im Selbstgespräch. Die Mutter mit ihrem Kinde, diese allesumfassende Liebe. Der Mann mit Freundin an der Hand und trotzdem jedem Rock nachschielend.
Manchmal bemerkt einer dieser Menschen meine aufmerksamen Blicke und ein gutes Gespräch ergibt sich. Oder der Blick geht ganz schnell wieder weg - auch das gibt es.

Nun zurück zu besagtem Freitag Abend - der Zug fuhr ein, ich postierte mich gleich neben der Eingangstüre, liess die Reisenden erst mal aussteigen, mein Blick schweifte umher - bis ich plötzlich den direkten Blick des jungen Mannes mir gegenüber bemerkte. Es war ein behinderter Mann mit einer auf die erste Sekunde offensichtlich ausgesprochen herzlichen, liebevollen Ausstrahlung. Sein Blick war interessiert, offen, freundlich. Sein Lächeln aus dem Herzen und ganz ehrlich - sowas spüre ich, sowas spürt man.
Ich lächelte zurück.
Nebst Liebe auf den ersten Blick, gibt es auch sowas wie Interesse und Sympathie auf den ersten Blick. Da wird einem warm ums Herz und man hat ein gutes Gefühl. Genau so war das bei diesem für 3, 4 Sekunden verweilenden Blick.

Ich stieg ein, setzte mich in das erste 4er Abteil, nahm die Zeitung in die Hand und war gerade daran meine Handtasche nach der Lesebrille zu durchwühlen (...meine Handtasche beinhaltet so in etwa alles, was man für einen 3-tätigen Spontanurlaub brauchen würde ... ) - als eine freundliche Stimme fragte, ob der Platz mir gegenüber besetzt sei. Ich schaute auf und blickte in das lächelnde Gesicht dieses eben erwähnten jungen Mannes.
Mit einer einladenden Geste und einem Lächeln auf meinen Lippen betätigte ich dies. So setzte er sich also hin und verweilte mit seinem Blick auf mir. "Hat es auch bei Ihnen Feierabend gegeben?", so fragte ich ihn. "Oh ja, ich bin auf dem Weg nach Hause zu meiner Mutter" - erwiderte er, kramte seinen Ausweis raus und streckte ihn mir hin. "Andreas heisse ich und bin 23 Jahre alt."

Wer mir so entgegen kommt - der hat Gleiches von mir zu erwarten und verdient. Ebenso spontan stellte ich mich vor, wir schüttelten einander die Hand und das Band war geknüpft. Erstaunlich ...
"Darf ich Du sagen?" fragte er ganz zögerlich. Aber klar doch!
Die Menschen, welche um uns herum sassen, schauten dieser Szenerie sichtlich amüsiert - aber durchaus auch beeindruckt zu. So Mancher legte seine Zeitung zur Seite und beobachtete, was nun weiter passierte.
Und passiert ist für mein Gefühl unendlich viel. In den 20 Minuten Zugfahrt erzählte mir Andreas von seiner Behinderung, seinem Leben, seiner Mutter, seinen Erlebnissen, Gefühlen und zog immer wieder Schlüsse aus unserem Gespräch, welche mir Hühnerhaut bescherten. Ein zutiefst menschliches und ehrliches Gespräch - ohne schützende Mauern und Aussagen mit Halbwahrheiten. Kein Geplauder, nichts Oberflächliches.



Er vertraute mir. Ich habe selten in 20 Minuten so viel über ein Menschenleben erfahren dürfen..
Die Innenseiten nach aussen kehren dürfen und trotz der Nähte geliebt werden - das traute er sich selber und mir zu.
Was für ein Geschenk...!

Wir stiegen zusammen aus dem Zug. Er nahm meine Hand, hielt die ganz feste und sagte dazu: "Es gibt manchmal Zeiten, da möchte ich lieber sterben als leben. Aber heute nicht - sonst hätte es dieses Gespräch nicht gegeben. Freitag in 3 Wochen nehme ich wieder diesen Zug. Und Du?"

Ich auch, lieber Andreas.
ICH AUCH!

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