Mittwoch, 4. November 2009

ICH GESTEHE

Meine Tat ist verjährt - glaube ich wenigstens. Deshalb wage ich auch, Dir davon zu erzählen. Ich tue das aber unter dem Siegel der Verschwiegenheit, flüstere es Dir leise ins Ohr. Also ... PSSSST. Nicht weitersagen!

Vorneweg: Ich würde es jederzeit wieder tun!

Es war einmal ... vor vielen, vielen Jahren. Sohn Moritz war in der Landschulwoche - diese fand unter dem Motto "INDIANER" statt. Der Lehrer von Moritz suchte noch händeringend nach guten Seelen - und so meldete ich mich, nebst 2 anderen Müttern, voller Tatendrang als Hilfssheriff.

Die Kinder hatten uns dann auch bald Namen gegeben: ich wurde getauft auf Häuptling "Schwingende Kelle" - somit muss ich das nähere Einsatzgebiet nicht weiter definieren - oder?
Häuptling "Rollender Donner" hiess der Lehrer, Häuptling "Adlerauge" das arme Wesen welches die Nachtruhe zu überwachen hatte und Häuptling "Geier-Kralle" war die Mutter, der die Finanzen unterstanden.

Also - der Tag der Abreise ins Lager war gekommen:
In einer Eltern-Autokarawane fuhren wir zu unserem damaligen Landschulheim. Ein altes, gemütliche Holzhaus, viel Land drum herum. Bei 24 SchülerInnen ideal. Es durfte also wild rumgetobt und nach Herzenslust gespielt werden.
Und - ich durfte bei den Liedern mitsingen. Erst mal. Wer mich einmal singen gehört hat, der weiss, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist und die Abgeschiedenheit des Hauses meinem Nichttalent entgegen kam.
Schon die Lehrerin in der ersten Klasse sagte bemitleidend zu mir: "Du tönst wie eine kleine Krähe auf dem Misthaufen".
Später habe ich mich zur "grossen Krähe auf dem Misthaufen" weiterentwickelt - und es ist nie besser geworden. Musikalisches Talent habe ich bis zum heutigen Tage nicht bewiesen - aber trotzdem viel Enthusiasmus und Begeisterung. Mein fehlendes Talent mache ich aber problemslos mit der Lautstärke wett - noch heute. Ich schmettere die Töne nur so um mich!
"Rollender Donner" knallte mir nach der ersten Singprobe mit entsetzensgeweiteten Augen ein Tamburin in die Hände und wies mich an, mich künftig darauf zu beschränken. Ooooooooooch!!
Die Kinder allerdings - die wussten meine diesbezüglichen Bemühungen durchaus zu schätzen. Warum hätten sie mich denn sonst in jeder freien Minute in das Wäldchen nebenan geschleppt und sich gewünscht: "Bitte, sing nochmal"!?
Ich fand, dass ich stets heitere, lachende und gutgelaunte Kinder um mich herum hatte...

Nun denn - beim Gutenachtlied für die Kinder durfte ich aber zumindest - leise - mitsummen. Das Wohl der Kinder lag uns schliesslich am Herzen und eventuellen Entwicklungsstörungen oder Kollateralschäden jedwelcher Art musste vorgebeugt werden. Ich nahm mich sehr zurück.

So habe ich mich dann jeweils vor das Haus hinaus verkrümelt, ein paar ruhige Minuten mir ... und den Kindern ... gegönnt.
Bereits am ersten Abend gesellte sich ein kleines, herziges Kätzchen zu mir. Es war dermassen ausgehungert, dass es den Abfall nach essbaren Resten durchwühlte, Salat und Teebeutel frass. So kochte ich ab diesem Abend nicht nur für die Kinder - sondern auch für Betty, so tauften die Kinder und ich das Kätzchen.
Es war fortan treuer Begleiter einer jeden Exkursion - avancierte zum Hauskätzchen und war der Liebling Aller.
Bis am Tage 3 die Bauersfrau vom weit entfernten Hof vor der Türe stand. "Ist die Katze hier?" fragte sie böse. Wir nickten. Sie kam ungebeten ins Haus, packte das kleine Tier im Nacken, schüttelte es kräftig und posaunte alles andere als liebenswert: "Dieses Biest ist das Spielzeug unserer Kinder - wehe, ihr lockt es nochmals weg!" Sagte es und stelzte von dannen - unsere Betty am Kragen vor sich hintragend, auf das kleine Tier einschimpfend.

Betty war ja nicht doof - büxte aus und sass 2 Stunden später wieder bei uns miauend vor dem Haus. Die Bauersfrau allerdings fast zeitgleich.... ihre Tonlage entbehrte aber, im Gegensatz zu Betty, jeglicher Wiedersehensfreude.
Am nächsten Tag spazierten wir an besagten Hofe vorbei - und sahen, dass die Tiere allesamt weder gehegt noch gepflegt wurden. Die Kinder hatten Betty in eine kleine Transportkiste eingesperrt - wohl, damit sie nicht wieder abhaut.

Da keimte in mir der Plan der Pläne.... Betty muss da weg! Und so sammelte ich all meine kriminellen Energien in mir und nahm die Entführung von Betty in Angriff!
Weil ich damals noch kein Handy besass, schlich ich mich in der nächsten Nacht in das 3km entfernte Dorf, telefonierte im Scheine des Vollmondes so lange, bis ich für Betty einen Platz gefunden hatte und schlich mich genauso leise wieder zurück ins Haus.
Am nächsten Morgen weihte ich Häupling "Geier-Kralle" in meine Geheimnisse ein und fand in ihr die perfekte Komplizin!

Es war der letzte Tag im Lager - und wir bereiteten den Kindern ein Abschluss-Essen. Dafür mussten wir ja Einkaufen gehen. Und durfte das Auto von "Rollendem Donner" benutzen ... auch benötigt man zu so einem Grosseinkauf die ganz grossen Einkaufstaschen.
Und in einer dieser Taschen war ... Betty - welche "Geier-Kralle" und ich in einer spektakulären Stürmungsaktion mit Ablenkungsmanövern, nach allen Regeln des Gangstertums gekidnappt hatten.
Wir düsten auf den COOP-Parkplatz im Dorf, dort wartete unsere Mittelsfrau, die Betty - unter verschwörerischem Blicke über die dunkle Sonnenbrille hinweg - in Empfang nahm. Das schreiende Bündel Tasche wechselte wortlos aus unserem Auto in das andere.
Alles in allem war es eine komplikationsreiche Entführung - nur soviel: Unsere Mittelsfrau hat dann leider beim Restaurant Bären in OberXY mit dem Objekt unserer Entführung gewartet, während die Zielperson beim Restaurant Bären in NiederXY wartete. Wie gesagt - Handy war damals noch nicht.
Viele bange, laute und übel riechende Stunden später (Details erspare ich uns...), konnte die "Mission Betty" dann endlich als Erfolg vermeldet werden!

Am Montag früh - noch vor Schulbeginn - schellte bei uns zu Hause das Telefon sturm. Häuptling "Rollender Donner" fragte mich eindringlich: "Kann es sein, dass Du, meine liebe Sternenzauber, was damit zu hast, dass ich um 06.00h ein erzürntes Telefonat der Bauernfamilie Müller kriege???!!!???". Seine Stimme klang irgendwie ... gepresst. "Guten Morgen lieber rollender Donner. Öhm. Ich habe sowas von keine Ahnung wovon Du sprichst....ich gehe davon aus, dass das Kätzchen von einem Fuchs geschnappt wurde. Der Wald ist ja so nah." Ich hörte gurgelnde Laute, ein ersticktes Lachen ... und viele gute Wünsche für den Tag.
Gestanden habe die Tat anlässlich des gemeinsamen Leiter-Nachtessen 3 Wochen später. Ich erntete Applaus.

A) Betty ist heute eine alte Katzendame und geniesst ihr Leben in vollen Zügen
B) Die Lagerzeit war rundum so genial, dass ich 2 Jahre später mit demselben Lehrer und ebenso grosser Begeisterung - aber diesmal mit Sohn Max - ein Comeback gab
C) Rollender Donner und ich sind seit diesem besagten Telefonat
beste Freunde

5 Kommentare:

Pharmama hat gesagt…

SUPER-Aktion!
Ein Danke im Namen der Katze (falls Du noch keins bekommen hast :-)

Sternenzaubers Geschichtenhimmel hat gesagt…

Danke für Deine lieben Worte!
Und .... ja, Betty dank es mir - mit einem jeden ihrer glücklichen Katzentage. :-)
So schön, ihr zuzuschauen.

Herzlichst
Sternenzauber

Anonym hat gesagt…

Oh..man... ab zu Beichthaus.com mit dir! ;o)

Sternenzaubers Geschichtenhimmel hat gesagt…

Das muss ich mir doch gleich mal anschauen ... :-))

Ich hätte da noch so einiges in petto!

Grüessli von Herzen
Sternenzauber

Anonym hat gesagt…

mknald

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