Mittwoch, 28. Oktober 2009

MAMI - WO KOMME ICH HER...?

Als ich gestern im ICE am Morgen zur Arbeit tuckerte, erfuhr ich aus meiner morgendlichen Lektüre, den "20 Minuten", dass man Kinder frühmöglichst - und natürlich angemessen - aufklären soll. Die Stiftung Kinderschutz Schweiz lanciert in diesen Tagen den entsprechenden Ratgeber dazu - "er ermöglicht einen differenzierten Umgang mit dem Thema", war im Artikel zu lesen.

Hätte es diesen Ratgeber bloss schon vor 20 Jahren gegeben!! Allerdings ... eine der lustigsten Situationen mit meinem älteren Sohn wäre mir dann für immer und ewig verwehrt geblieben....und das ging so:

Wir waren gerade zurück aus den Ferien in der herrlichen Toscana. Toscana gab es bei uns jedes Jahr - mein Papa kommt aus dieser Gegend und des Sternenzauber's Temperament fühlt sich da sehr wohl - meine Mama hat französische Wurzeln und die Leichtigkeit des Seins hab ich sicher von ihr.
Die Kinder Max und Moritz (...Du weisst, es sind nicht ihre richtigen Namen...) waren damals 3 und 5 Jahre alt.

Meine Nachbarin hatte während unserer Abwesenheit ein Baby bekommen - die beiden Jungs bestaunten das kleine Geschöpf, fanden es ganz witzig, wollten spielen ... bis dieser Minimensch zu brüllen begann.
Da verlor sich dann das Interesse innert Sekundenfrist.
Bagger machen mehr Spass, die schreien auch nicht.

Moritz schien mir nachdenklich - und auch schon bald krabbelte er auf meinen Schoss, sah mich aufmerksam an und fragte: "Duuuuu Mami, wo komme ich eigentlich her...?"
Die kluge Mutter assoziiert sofort: Baby - Aufklärung!
Das ist die grosse Herausforderung aller verantwortungsbewussten Mütter und Väter - man will ja sein Bestes geben. Natürlich hatte ich mich informiert, wie man dies am besten seinem Kinde beibringt.
So war ich dann also gewappnet und hatte auf alle Fragen eine Antwort. Und ein Buch! Peter, Ida und Minimum, Familie Lindström bekommt ein Baby - würde ich noch heute jedem Elternpaar mit gutem Gewissen ans Herz legen - und mir hat es die Sache leichter gemacht. Eigentlich....

Ich sah also nun meinen grossen Moment gekommen, räusperte mich und los ging es - wir blätterten gemeinsam in dem Buch, ich erklärte jede Abbildung, ich erzählte, ich beschrieb, ich las vor. Er hing mir förmlich an den Lippen, saugte alles in sich auf.
Wenn Du mich fragst ... ich lief zu meiner persönlichen Hochform auf, war schlicht grandios und sääte soeben in fruchtbare Erde, um mir später mal keine Vorwürfe machen zu müssen. Meine Ableger sollen schliesslich aufgeklärt sein! Und zwar von mir! Gründlich!
Viel hatte ich zu sagen, die Lippen waren unterdessen schier franslig, aber das Gefühl war gut - aus meiner Sicht hatte ich alles gegeben! Moritz war nun Kenner der Materie und ich richtig stolz, dass ich das so gut hingekriegt hatte. TSCHAKKA!

Das Einzige, was mir ein bisschen Kopfzerbrechen bereitete, war die Reaktion meines Kleinen ... er rollte mit den Augen, er schnaufte vor sich hin, meine noch so detaillierten Schilderungen schienen ihm nicht gut genug zu sein....!? Er fragte zwar immer wieder nach, wollte alles genauestens wissen - trotzdem schienen ihm meine Antworten nicht zu genügen.
W a s.....w i l l.....m e i n.....K i n d ?

Man stelle sich der Mutter Verzweiflung vor! Da steht der Knirps vor einem, macht einen sichtlich genervten Eindruck - dabei hatte ich mir solche Mühe gegeben. Die Zweifel begannen an mir zu nagen - zu früh? Zu viel? Zu ... was auch immer?
Diese mir eigenen roten Flecken, welche stets JEDEM und SOFORT meine Nervosität verraten, breiteten sich via Hals über die ganze Sternenzauberfrau aus. HILFE!

So kniete ich mich dann vor diesen kleinen Kerl hin - der ganze Junge vor mir ein einziger Vorwurf! Empörung pur!
Mein letzter Versuch Licht ins Dunkel zu bringen: "Also, Moritz - sag jetzt mal der Mami ob Du alles verstanden hast. Und wenn nicht - dann frage mich einfach. Ich werde Dir immer auf Alles eine ehrliche Antwort geben".
Der kleine Moritz atmete tief durch, seine blauen Bubenaugen fixierten mich streng, sein Brustkorb schwellte an, seine Hände stützte er in die Hüften und mit dem letzten Rest an Verständnis für diese komische Mutter, schmetterte er mir im Tone der Empörung entgegen: "Ich wollte doch bloss wissen: Bin ich jetzt eigentlich Schweizer, Italiener, Franzose - oder WAS????"

Und so hat mich mein Sohn differenzierten Umgang mit diesem Thema gelehrt...

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