Freitag, 5. März 2010

VOM BALLKLEID, DAS ICH NIE BESASS

"Pepsi..?"
So meine Frage gestern Abend, als ich diesen Mann mit den mir immer noch so bekannten, vertrauten, sympathischen Gesichtszügen sah.
"Sternenzauber!" - sagte er.
Genau zweier Worte bedurfte es, 35 Jahre in 1er Sekunde hinter uns zu lassen. Erstaunlich.

Pepsi war der Sunnyboy unserer Klasse. Ich der Klassenclown. Zusammen waren wir ein unschlagbares Team. Verbandelt als Freunde noch lange über die Schulzeit hinaus. Und gestern trafen wir uns einfach so vor der PostFinance-Arena - auf dem Wege zum Hockeymatch.

"Du hast noch immer Dein Stehplatzabo?". Klar hatte er es. Schon als 11jähriger versprach er vor versammelter Gemeinde, dass er nie und nimmer zu diesen Snobisten gehören werde, welche sich kurz vor Matchbeginn auf den reservierten Platz ins Stadion setzen. Für ihn waren das noch nie die richtigen Fans. Gestern allerdings, da liess er zumindest durchblicken, dass er - je mehr Jahre ins Land gingen - diese Variante des Matchbesuchs nicht mehr derart rigoros ablehne.

So oder so - es war schön und tat gut, Pepsi wieder mal gesehen zu haben.

Ich weiss nicht ob es euch auch so geht, aber solche Begegnungen stöbern ganz selbstständig in meinen Erinnerungen, öffnen eine der unendlich vielen Schubladen von Erlebtem, breiten den Inhalt imaginär auf dem Küchentisch aus und erlauben Rückblicke in längst vergessen gemeinte Zeiten, lassen Emotionen von damals hochleben, sich mit einem liebevollen Blick beschauen. Und einem Lächeln.

Mein Schätzeli war ja gestern Abend mit dabei - und der Moment erlaubte mir, diesen Blick zurück mit ihm zu teilen. Wie schön. Schliesslich ist er erst vor ein paar Jahren in mein Leben getreten. Er weiss vieles, aber längst noch nicht alles.
Ein Grund mehr, den Erinnerungen die Schleusen zu öffnen.

Und während wir gestern Abend im Restaurant sassen und zusammen vor dem Match das Abendessen genossen ... wandelte ich gedanklich mit Schätzu an der Hand zurück in meine Schulzeit.
Für uns gab es damals in der 8ten und 9ten Klasse was ganz Wichtiges: Tanzschule. Das war Gesetz. Wir waren wild darauf Walzer, Samba, Rumba, Cha-Cha-Cha, Tango und wie sie alle heissen zu erlernen. Und an den grossen Abschlussball zu gehen. Wir waren 14, sowas von erwachsen und voller Tatendrang. Als ganze Klasse hatten wir uns geschlossen für die damals angesagteste Tanzschule in Bern angemeldet. Ehrensache.


Wie gut erinnere ich mich noch an meine erste Tanzstunde! Stunden vorher stand ich im Bad, werkelte mit den für mich damals völlig unbekannten Dingen wie Make-Up, Wimperntusche und dergleichen rum. Die halblangen Haare hatte ich mir auf Lockenwickler aufgedreht. Ich wollte schön sein! An diesem Abend eine Lady sein, durch und durch.
Meine braune Stoffhose hatte eine richtig scharfe Bügelfalte und der Wollpulli in gelb / orange / braun total angesagt. Und schwarze Lackschuhe. Die Mireille Mathieu-Frisur fand ich lässig, habe sie entsprechend auch mit Haarlack einbetoniert - kein Orkan der Welt hätte mir ein Härchen krümmen können. Mamis korallenroter Lippenstift biss sich mit dem orange im Pulli, ihr braunes Make-Up gab mir mehr als nur ein Flair von Südseebräune und die zum ersten Mal getuschten Wimpern waren dunkelschwarz verklebt.
Ich sehe noch heute den bleichen Farbton um die Nase meiner Mama - sie ist BEINAHE in Ohnmacht gefallen!
Wenn ich mir die Fotos von damals anschaue, dann staune ich bewundernd über ihr Stehvermögen.

Ich aber gefiel mir wahnsinnig gut. Voll trendy. So richtig erwachsen sah ich aus. Mindestens wie 18! Und Jean-Pierre fand das auch. Jean-Pierre war nämlich der Junge, welcher mich zum ersten Walzer aufgeforderte. Mir ist nie mehr ein Mann so galant auf den Füssen rumgetrampelt wie er. Ehrlich. Jean-Pierre war für mich damals der Inbegriff von Mann. Schwarze Hose, schwarzes Hemd und darüber so ein Wollgilet mit Zopfmuster, schwarze Fliege. Der Seitenscheitel schön akkurat. Und nicht ganz so schwitzig nassen Händen wie die Anderen.

Jean Pierre und ich tanzten gemeinsam durch die nächsten Stunden - wir schwebten wie auf Wolken und seine Verbeugung bei der Aufforderung zum Tanze wurde von Mal zu Mal enthusiastischer. Dass wir zusammen an den Abschlussball gehen würden, das war eine klare Sache. Er war schon drauf und dran nach einem passenden Anzug zu suchen, als uns das Datum des Abschlussballs mitgeteilt wurde: Samstag, der 22. Februar 1975.

Genau an diesem Tage war der Match SCB - La Chaux de Fonds. Und es ging um den Meistertitel.
Ich habe mein noch nicht gekauftes Ballkleid in die Ecke gepfeffert ...


... die ersten Schuhe mit richtigen Absätzen zurück in den Schrank gestellt - mich dafür an besagtem 22.02.1975 in die SCB-Montur gestürzt und einen grandiosen SCB-Meistertitel gefeiert.
Verloren habe ich dabei aber Jean-Pierre, der mit der langweiligen Therese an den Ball ging und sich nie mehr vor mir verbeugte - weil er mich anschliessend auch nie wieder zum Tanze aufgefordert hat.

Die folgenden 2 Tanzkurse in Rock`n Roll habe ich dann mit Pepsi besucht. Wenn ich an unsere legendären Grätschsprünge denke ... sensationell! Mit Pepsi gab es nie Terminkollisonen. Zusammen an den Kurs - zusammen an die SCB-Matchs.
Was waren wir für ein tolles Gespann!

Das mit den Grätschsprüngen - ich glaube, das lassen wir in der Zukunft besser.
Aber mal wieder gemeinsam an einen Match ...

... DAS KÖNNTE PASSEN!

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