Sonntag, 14. März 2010

DAS SCHULPSYCHOLOGISCH BEGUTACHTETE HALSTUCH

Wo habe ich bloss dieses alte, 2m10 lange Halstuch?
Ich muss es wieder finden! Unbedingt!
Es ist rot / scharz / gelb und ich habe es in der Schulzeit selber gestrickt. Ich! Die eigentlich gar nicht stricken kann, die vom Handarbeitsunterricht teilweise dispensiert wurde.
Ich habe mich damals wochenlang in jeder freien Sekunde gequält.


Durch dieses Halstuch habe ich mir sogar einen Termin beim Schulpsychologen eingehandelt. Echt ... und das alles nur, weil ich nach wochenlangem Stricken endlich diese Pracht an Halstuch fertig hatte. Es war ein Samstag und noch 4 Stunden bis zum Match. Blöd war nur, dass ich all die Wollreste noch hätte vernähen müssen. Das ging aber nicht, weil ich doch gleich los wollte! Ergo knotete ich all die Enden 3fach, schlang mir das Gestricke mehrfach um den Hals und stelzte voller Stolz gen Stadion.
Das diese meine Rechnung nicht aufging, war mir nur zum Teil klar. Am Sonntag fand meine Mama das halbaufgelöste Halstuch, befand mich 9jährige als psychisch unterkühlt und irgendwie arg gaga. 3 Tage später schon musste ich auf der schulpsychologischen Erziehungsberatung antanzen und wurde in jeder Hinsicht beurteilt. Auf die Frage der netten Tanten und Onkels hatte ich den begeisterten Matchbericht vorzuweisen - damit schien ich damals wohl ziemlich Eindruck gemacht zu haben und wurde als emotional stabil, dem Alter entsprechend zwar eher überbegeisterungsfähig - ansonsten aber verhaltensunauffällig eingeschätzt.

Hatte allerdings die Auflage, mit meiner damaligen Handarbeitslehrerin das wolltechnische Desaster zu bereinigen.
Aus heutiger Sicht würde ich meinen, dass vor allem die alte Frau Baumgartner (Handarbeitstante) mit dieser Aufgabe bestraft wurde. Sie musste nämlich aufgrund meiner diesbezüglichen Unfähigkeit flicken, Maschen hochholen, vernähen und retten, was zu retten war. Ich habe aber zumindest dankbar und aufmerksam zugeschaut.
Sie hat es damals so gut hingekriegt, dass genau dieses Halstuch all die Jahre überlebte und heute noch irgendwo liegt. Im Keller? Im Kleiderschrank, ganz hinten? Wo auch immer ... ich werde es finden!

Meine lieben LeserInnen, wenn das Schwergewicht meiner Themen sich momentan und hoffentlich noch einige Zeit um Hockeymatchs dreht - so verzeiht es mir. Meine kleine Welt wird im Augenblick vom Geschehen auf dem Eise geprägt. Mein inneres Gleichgewicht ist ultimativ verknüpft mit dem Geflitze dieser kleinen, schwarzen Scheibe - genannt Puck.
Aber keine Angst, ich werde mich hüten, Matchberichte abzuliefern. Ihr werden aber erfahren, was sich rund um das Oval der Eisfläche so alles abspielt. In mir, um mich. Hockeytechnisch werdet ihr nicht von mir unterrichtet, aber vielleicht findet ihr es genau so spannend wie ich, vor allem das menschliche "Dahinter" mit mir zu betrachten.
Ich würde meinen und hoffen, dass diese bunte Vielseitigkeit ein bisschen die Einseitigkeit des herrschen Themas kaschiert.
Seid ihr mit mir und meiner Meinung? Dann schreit jetzt ganz laut: JAAAAAA!


Wowwh! Prima! Genau so habe ich es mir erhofft. Ihr seid super!

Eines meiner Interessen ist der Mensch an und für sich. Wie liebe ich es, irgendwo in einem Strassencafé zu sitzen, im Zug - oder eben an einem Match und zu schauen. Die Menschen und ihre vielfältigen Facetten zu beobachten. Immer spannend, oft erstaunlich, meist schön, ab und zu erschreckend.
Da wo ich und mein Schatz jeweils sitzen, befindet sich links über uns die Rampe für die Rollstuhlfahrer. Ich habe in all den Jahren viele handicapierte Menschen kennengelernt. Sogar blinde Menschen, die mit einer Riesenfreude dem Geschehen auf dem Spielfelde folgen. Jede und Jeder auf seine Art, wie er kann. Die blinde Frau, sie hat mich einmal aufgefordert ein Drittel lang die Augen zu schliessen und den Match auf diese Art zu erleben. Ich habe mich damals darauf eingelassen und viel gelernt an diesem Abend.
Wie man plötzlich andere Sinne schärft, auf Töne achtet und Dinge bemerkt, die ansonsten untergehen. In all unserem Sehen.
Stets und aufs Neue bin ich über die Emotionen, das tiefe Empfinden beeindruckt.
Der taubstumme Mann, den ich seit ich Kind bin kenne - der SCB ist sein Lebensinhalt und das spiegelt sich in seinem ausdrucksvollen Gesicht - nicht zu beschreiben.
Eltern, die mit ihren mittlerweilen längst erwachsenen Kindern im Rollstuhl die Matchs besuchen. Und gerne denke ich an die junge Frau, die immer mit dem Beatmungsgerät den Spielen beiwohnte, Ihre Begeisterung war derart ansteckend ... und wie sie uns heute noch fehlt. Seit damals, als ihr Platz plötzlich leer blieb. Ich bin mir sicher, sie sitzt heute irgendwo zuvorderst auf einer Wolke und schaut zu. Freut sich ob dem, was sie momentan sieht.
Mein Blick geht in den Himmel - und ich blinzle ihr zu. In genau diesem Augenblick.

Und dann Werner. Er, der uns als Kinder auf der Stehplatzrampe unter seine Fittiche nahm. Er hat uns beigebracht, dass man den Gegner für einen guten Match braucht ... von wegen "go home". Wir hatten zu klatschen, wenn die Gegenmannschaft aufs Eis kam. Er erklärte uns Regeln, die hockeytechnischen und die vom Leben. Anstand und Respekt war gross geschrieben und nie hätte jemand von uns auch nur daran gedacht, Dinge runterzuschmeissen. Da hätte es dann aber bös Stunk gegeben.
Aber wir waren dafür die, welche am lautesten unserer Freude Ausdruck gegeben haben.
Werner habe ich vor dem Match zufällig und glücklicherweise wieder mal getroffen.
Heute passt er übrigens auf der Strafbank während der Matchs auf die bösen Jungs auf. Er ist am richtigen Platz.
Und wenn ich mir die Bierwerfer und Pöbler von gestern Abend so in Erinnerung rufe, dann wünsche ich mir mehr Werners!

Gestern habe ich übrigens mein Handy zu Hause vergessen. Wer mich näher kennt, kann sich DAS nicht vorstellen! Und wisst ihr was - es hat mir überhaupt nicht gefehlt! Warum auch? Ich hatte genug zu tun die 7 Tore zu bejubeln. Habe wildfremde Menschen aus lauter Freude abgeklatscht mittels "gimme five". Und mich nach langer Zeit wieder mal heiser geschrien.
Ach war das schön!


Leute, ich schliesse für heute. Im Halbfinal will ich nämlich unbedingt das erwähnte Glücksbringer-Halstuch tragen.
Ich geh jetzt mal in den Keller. Suchen.


WÜNSCHT MIR GLÜCK!

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