Mittwoch, 10. Februar 2010

WOFÜR SIND HÜRDEN DA?

Heute ist mir nach an der Oberfläche kratzen - sogar nach noch tiefer schürfen.

Vielleicht liegt es am Wetter. Am kalten Winter. Vielleicht aber auch an dem Telefonat von vorhin.

Ein älterer Herr rief an, stellte sich vor, erzählte mir in ein paar knackigen, prägnanten Sätzen von seinem Leben, seiner Arbeit und anschliessenden Arbeitslosigkeit. Er fragte nach einer freien Stelle.
Leider musste ich ihm sagen, dass weder eine entsprechende Stelle vakant ist, noch demnächst vakant wird.
Es tut mir leid.
Aber statt dass er - wie so manch Anderer - die Stimme senkte, sich kleinlaut verabschiedete, sagte er mit fester Stimme: "Wissen Sie was, liebe Frau Sternenzauber, ich werde jetzt einfach so lange weiter telefonieren bis irgendwo meine Arbeitskraft gefragt ist. Ich werde mit den Menschen sprechen, werde kämpfen und werde letztendlich ganz sicher gewinnen. Hürden sind nämlich da, um genommen zu werden. Danke fürs Zuhören und einen wunderschönen Tag wünsche ich Ihnen noch, alles Liebe für Sie!"
Dieser Mann hat meinen Respekt.

Seit er mir diesen Satz gesagt hat, geht mir so vieles durch den Kopf, die Seele und das Herz.

Eingefallen dabei ist mir sofort meine Ex-Schwiegerfamilie. Nebst dem plötzlichen und völlig unerwarteten Verlust von Mann und Familie, damals, nach 25 Jahren Ehe - war es für mich etwas vom Schmerzlichsten, dass ich nie auch nur wieder einen Ton von meinen Schwiegereltern, meinem Schwager und seiner Frau gehört habe. Auf meine verwunderte Nachfrage hin erklärte mir mein Ex-Mann " ... die haben Dich nie gerne gehabt ... ".
Das war heftig. Das ist heftig, immer noch. Man gab mir das gute Gefühl, liess mich im Glauben. Doch tief Drinnen war weder Gefühl noch Glauben für und an mich.
Mir sind ehrliche Distanz und klare Ansagen wesentlich lieber als unehrliche Nähe und Heuchelei. Von daher hätte ich mir sehr gewünscht, sie hätten irgendwann mal den Mut gehabt diese Hürde zu nehmen, es mir zu sagen.

Eingefallen dazu ist mir der kleine Junge. Aus der Zeit, in der ich an Schulen in der Gewaltprävention gearbeitet habe. Er war Gewaltopfer eines massiven Übergriffs in der Schule geworden. Seine Eltern setzten sich ein - für ihren Sohn, gegen die Gewalt. Ein Hürdenlauf sondergleichen!
Unter vermeintlicher Mithilfe der Schulleitung, der LehrerInnen. Bis sich 1 Jahr später aufgrund eines Zeitungsartikels das Schulamt der Stadt bei diesen Eltern meldete und um Aufklärung bat. Erst da wurde bekannt, dass das Schulhaus - "zur Wahrung des guten Rufes" - Einsatz, Mitarbeit vorgetäuscht hatte, alles unter den Teppich gewischt wurde.
Der Mut fehlte, diese Hürde der Offenlegung zu nehmen. Einmal mehr.
Zwangsweise wurde dies nachgeholt und eine schweizweite Kampagne "Gemeinsam gegen Gewalt" nahm ihren Anfang.
Soviel war drin, als endlich die Hürde genommen wurde!

Eingefallen ist mir das Paar aus dem Freundeskreis, welches Probleme als solche zwar realisiert - sie aber nicht verbalisiert und somit totschweigt. Sich gegenseitig keine Chance gibt diese zu lösen, zusammen. Sie wohnen zusammen, sie essen zusammen, sie leben zusammen, sie schweigen zusammen.
Sie sind wütend, auf den Anderen, auf sich selber. Eine lähmende, eine blockierende Wut, weil sie isoliert wird. Dabei ist Wut reine Energie, die sich nutzen lässt. Eingebracht in Diskussionen, Klärungen, Gespräche, Handeln, ist sie der Schlüssel zum Guten. Wut die man mit sich rumträgt, mit der man schlafen geht - die einem nicht träumen lässt, sie wendet sich gegen Einem selber und frisst auf. Sie ist destruktiv, in jeder Hinsicht.
Wut ist eines der Gegenteile von Mut.
Besser, man nimmt die Hürde. Legt offen.

Eingefallen ist mir der Mann, mit man nicht streiten konnte. Er hat dann einfach "zugemacht". Mauer drum rum und fertig. Schweigen, Trotzen. Aus der irrigen Annahme, Streit bedeute das in Frage stellen von Liebe. Lieber offene Wunden hinterlassen, bis diese Abszesse bilden. Offene Fragen, die irgendwann mal keine Antworten mehr zulassen.
Dabei wendet sich fast alles zum Guten, hat man erst mal die eine Hürde über die Mauer geschafft.

"Hürden sind da um genommen zu werden".
Dieser Satz hallt in mir. Ich bin glücklich, ihn heute gehört zu haben.


Hürden nehmen heisst nichts anderes als Verantwortung übernehmen.
Hürden nehmen heisst übersetzt: Ich will! Und ich kann!
Hürden nehmen ist pures Selbstvertrauen.
Hürden nehmen ist glauben können. An sich und Andere.
Hürden nehmen ist Mut haben.
Hürden nehmen ist Kraft haben Anlauf zu nehmen.

Hürden nehmen ist immer der erste, richtige, wichtige Schritt.
Darum - was immer euch auch passiert:

NICHT STILL HALTEN - SPRINGEN!

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