Nun kriegt mal unsere Wilhelmine eine Geschichte.
Sie ist knapp über zwanzig Jahre alt. In edlem Rot gehalten - wenn auch mittlerweilen in der Farbe abgeschossen. Sie hat eine Delle auf der rechten Seite und die Klimaanlage hat Anfang Sommer 09 ihren letzten Hauch getan.
Und nun - nun lässt sich auch das vordere Fenster beim Fahrer nicht mehr öffnen. Beziehungsweise ... öffnen könnte man das Fenster theoretisch. Bloss mit dem wieder schliessen, da könnte es Probleme geben. Heute war unser Minchen beim Doc in des Chefs Werkstatt. Diagnose: Fensterhebermotor futschikato. Und den auszuwechseln würde mehr kosten, als ich vor 1 1/2 Jahren für Wilhelmine bezahlt habe.
Eigentlich wäre jetzt die logische Schlussfolgerung, dass es dies gewesen sei und Minchen dem Verwerter zuzuführen ist. Der Zahnriemen müsste nämlich jeden Augenblick auch noch gewechselt werden, im Rahmen eines grossen Services. Und dann war da noch die Rede von Radlager, Manschetten, Auspuffmittelrohr. Das wird teuer, mein Portemonnaie tränt.
Im übertragen-menschlichen Sinne hat Wilhelmine akut Cellulitis-Dellen und Falten, der Kreislauf ist auch nicht mehr der Beste, sie hat einen Hang zum Suff (12 Liter auf 100km, fährt man denn über 140 km/h) und hetzt man sie, kommt sie arg ins Schnaufen und röhrt bronchial. Von der Optimierung mittels Schönheits OPs wollen wir jetzt gar nicht reden, so oberflächlich sind wir nämlich nicht - oder?
Wir - und damit meine ich Schätzu und mich - wir sind alles andere als oberflächlich! Wir haben richtige Gefühle für unser Minchen! Während meine Mannen in der Werkstatt unser Goldstückchen mehr mitleidig denn alles andere belächeln, haben wir Beiden ein Herz für sie. Sie ist eine Lady durch und durch. Selbst wenn ein bisschen der Lack ab ist. Sie ist schnittig und hat Charme. Für ihr Alter trotz allem gut im Schuss. Und eine treue Wegbegleiterin auf so vielen Fahrten. In 2 Tagen starten wir wieder gen Deutschland. Mit Wilhelmine. Ihr gefallen diese langen Fahrten! Da muckt sie in keiner Art und Weise, schnurrt vor sich hin, ruckelt kein bisschen (im Gegensatz zu Kurzstrecken), ist durch und durch zuverlässig. Mein Schatz fühlt sich wohl sie zu fahren - mich lässt sie im Beifahrersitz herrlich schlafen. Und der Kofferraum ist so geräumig, dass selbst ich ausgedehnte Shoppingtüren problemlos unternehmen kann. Sie hat erlebt, wie Schatz und ich zusammengezogen sind, war unsere Hochzeitskutsche und wird mich im Frühling 2010 fahren lernen.
Sie gehört sozusagen zur Familie. Wir mögen sie. Gerne sogar. Ihr solltet sie mal sehen ... mit ihrem Schiebedach ... dieses coole, 2türige Coupé. Sie hat was ...!
Was sie hat, nennt man Ausstrahlung. Charisma.
Und nun das Ding mit der Fensterscheibe. Echt blöd. Jeder Andere ausser meinem Kater hätte sich von Minchen verabschiedet. Sofortige Trennung. Aber er, er nimmt in Kauf, dass nun beim Fenstermotor der Stecker gezogen wurde - das Fenster also nicht mehr bewegt werden kann - und wir nun fortan mit geschlossener Wilhelmine fahren. Zumindest linksseitig. Er, der zu meinem Mittelohr-Entzündungs-Leidwesen liebend gerne mit offenem Fenster fährt, den Ellbogen raushängen und sich den Fahrtwind um die Nase fächeln lässt. Er hat beschlossen, in Parkhäusern und bei Polizeikontrollen nun eben auszusteigen.
Wir haben beschlossen, Minchen unter der Motohaube so gut es eben geht fahrtüchtig zu halten. Sie soll ihren neuen Zahnriemen kriegen. Einen neuen Geber- und Nehmerzylinder hat sie schon zu Weihnachten bekommen. Wilhelmine rutscht bestimmt nochmals durch die nächste, baldige Prüfung im Strassenverkehrsamt.
So eine Lady schmeisst man nicht einfach zum alten Eisen.
Auch wenn sie Ecken und Kanten und Beulen hat ...
... UNSERE WILHELMINE LEBT WEITER!
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