"...aber wir müssen doch über Zweisimmen fahren, letztes Mal sind wir auch über Zweisimmen gefahren!". so der empörte Ausruf von meinem Schätzi-Katerli, nachdem Charlotte (unsere Auto-Navigations-Stimme) ihn vehement dazu aufgefordert hat "bei der nächsten Möglichkeit wenden! Bitte wenden!".
Während ich meinem Liebsten erklärte, dass wir damals auch nach Gstaad - und nicht wie heute - nach Grindelwald fahren wollten, leitete er grinsend das Wendemanöver ein ("...auch ein Deutscher kann mal irren...").
So weit, so gut.
Vielleicht müsste ich euch jetzt mal näher an das Geschehen von gestern holen und erklären:
"Meine" Garage feierte Weihnachten. Das tun wir immer erst im Februar, weil Dezember für Weihnachtsfeiern ausserhalb der interfamiliären Verbindlichkeiten doch eher Belastung denn Freude ist. Erst geht man noch von Feier zu Feier, gegen Ende Dezember rollt man von Festessen zu Festessen. Und nach dem Silvesterschmaus hat man irgendwann die Nase voll, selbst von den zartesten Filets, wunderbarsten Sossen und ausgefallensten Dessercreationen. Man will Pellkartoffeln mit Quark und viel Petersilie. Dunkles Brot mit einem Stück Käse mit scharfem Senf. Dazu Ruhe. Keine 3- und Mehrgänger.
Deshalb feiern wir - meinen Chefs sei Dank - erst im Februar. Verbunden mit einem "wir-machen-was-zusammen-Tag ... und das erst noch mit Anhang". Gestern stand Rodeln auf dem Plan. Rodeln. Schlitteln. Durch die Luft segeln. Auf die Schnauze fallen. Was so viel heisst wie: Viel Schnee, viel kalt, viel Bewegung. So richtig was für junge Leute in meinem Alter. Aber wer nix riskiert, der nix gewinnt - und so waren Katerli und ich ebenso begeistert von der Idee, wie die Jungspunde bei uns im Bunde. Der Jüngste eben 18.
Ergo versammelten wir uns also gegen 12.30h im Sportzentrum Grindelwald. Was wir nicht bedacht hatten war die Tatsache, dass an einem sonnigen Wochenende in der Hochsaison in einem absoluten Mekka des Wintersportes die Parkplätze um 12.30h eher rar gesät sind. Sehr rar. Und so wurde es dann zeitlich etwas später, bis auch jeder sein Fahrzeug in einem abgelegenen Winkel von Grindelwald regelkonform verstaut hatte.
Da standen wir nun am Bahnhof, Alle in empfohlener Winterausrüstung, was da heisst: Skihose, Snowboardschuhe oder zumindest dicke Wintertreter, Skijacke, Skihandschuhe, Skikappe, Skibrille. Ausser Katerli und meiner Wenigkeit. Wir hatten unsere wärmsten Winterklamotten in der berühmten Zwiebel-Look-Technik übereinander geschichtet, die dicksten Jeans angezogen, Schuhe mit zumindest dicken Sohlen. Er eine lässige Wildlederjacke, gefüttert. Ich den knall-violetten Mantel, der so schön flauschig ist, sehr warm gibt - aber eher für den Besuch einer Modeschau oder für ins Theater gedacht ist, da sehr auffallend in Farbe, Schnitt und anderen Details. Aber wenn es hilft ...! Zudem hat Chef uns Stulpen empfohlen, das würde helfen, dass die Jeans nicht sofort nass und ergo extrakalt wurden. Gesagt, getan. Katerli stiefelte in schwarzen - und ich in rosa Stulpen durch Grindelwald. Anstelle einer Skimütze trug er so eine Sherlocks-Holmes Kappe mit Ohrenklappen, ich ein Samt-Beret in mit dem Mantel harmonisierenden Dunkelviolett.
Schätzu sah in seiner Gesamt-Montur letztendlich wie der Kutscher von Jack the Ripper aus - herrlich!
So machten wir uns dann also auf im Bus gen die Bussalp. Eine halbstündige Fahrt ab Grindelwald Bahnhof.
Mit einer gewissen Skepsis nahm ich die Steilpassagen dieser Rodelpiste wahr, Katerli war unterdessen schon ganz bleich um die Nase geworden. Meine lieben Kollegen fragten so Dinge wie: "... ihr habt aber die Mitgliedschaft bei der REGA - oder?...". Danke, ja, haben wir!
Oben auf der Bussalp angekommen, stärkten wir uns erst mal mit einem feinen Fleischteller, Hobelkäse und Pommes. Dazu Mineralwasser. Besser so. Schätzu trank zwar in seiner Not ein Bier, dies half ihm aber nicht aus der für ihn ungewohnten Sprachlosigkeit. Er hat sich kurz nur danach erkundigt, wann genau man mit dem Bus auch wieder runterfahren könne ... aber ansonsten war Stille von seiner Seite. Ich lachte mir Mut zu und schlich anschliessend mit den Anderen zur Schlitten-Vermietung.
Wir wurden informiert, dass es den Speed-Run für Könner gäbe. Und halt die normale Piste für ... Leute wie mich und Katerli. Katerli, Chef und seine beiden Kidz sowie meine Wenigkeit nahmen die normale Piste. Alle Anderen waren Könner. Und ich befürchte, dass Chef seine 2 Kidz nur mitgenommen hatte um mich ohne Gesichtsverlust auf der Normalo-Piste zu begleiten, mir Beistand zu geben.
Bei Katerli MUSS es eine reine Alibiübung gewesen sein, mit mir auf die Hausfrauenpiste zu kommen. Er hat sich nämlich auf seinen Schlitten gesetzt und ab die Post! Ich sah nur noch den Schnee aufstieben. Ihn nicht wieder. Erst unten, in Grindelwald.
So hatte ich mir das damals auf Rhodos beim JA-Worte nicht vorgestellt!
Leicht ängstlich platzierte auch ich mich auf dem Schlitten, raffte meinen Mantel unter, zwischen, über mich - und fuhr los. Himmel Herrgott ... Geschwindigkeit ist echt nicht meine Stärke. Ich habe meine beiden Fersen in den dicken Schuhen feste, ganz feste in den Schnee gerammt und hab diese wie Bremshebel eingesetzt. Aber ich konnte nie in dem Masse bremsen, wie es für mich sinnvoll gewesen wäre!! Besonders die vereisten Stellen haben mich Blut und Wasser schwitzen lassen.
Von Schnee und Kälte kriegte ich nichts mit - schliesslich hatte ich genug damit zu tun, mich auf dem Gefährte zu halten und einigermassen stilvoll runter zu kurven. Wenn sich wieder mal ein Bus mittels "TATÜÜ-TATAAA!" angemeldet hat, musste man rechts raus und Platz machen. Ansonsten - und das hat mein Katerli mir mit seinem breitesten Grinsen geschildert - man in den grossen Radkappen des Busses schmerzvoll hängenbleibt und das im Endresultat nicht schön aussieht. Um diese Bus-Pausen war ich auch übrigens immer froh, weil dann meine geschundenen Fussgelenke ein wenig ruhen konnten! Kilometerweise diese in den Schnee zu stemmen ist gar nicht ohne.
Irgendwann trafen wir Alle wieder aufeinander, ich kam als Letzte. Nachdem eine neuerliche Fahrt gerade mal so eben abgewendet werden konnte, fuhren wir noch bis nach Grindelwald runter. Das heisst: Die Anderen fuhren diesen halsbrecherischen Rodelpfad runter. Nachdem die ersten 3 einen veritablen Salto in den Tiefschnee zu Stande gebracht hatten, nahm ich Route 2 unter Füsse. Was so viel hiess wie: Latschen. Die Strasse war da nämlich nicht mehr schneebedeckt. Aber lieber 4 km per Pedes anstelle Salto mortale! Zumindest, was mich anbetrifft.
Während die Anderen nun humpeln und sich die Zerrungen und Beulen cremen, spüre ich nur die Muskeln in meinem Allerwertesten und die Blase am linken Fuss. Aber die heftig!
Es war lustig. Wirklich - hat uns allen Spass gemacht, Selbst mir, der Hasenfüssin.
Nach so einem Tag war die logische Schlussfolgerung, dass wir Alle uns einen gemütlichen, schönen Abend bei Speis und Trank verdient hatten. Das mongolische Barbecue HAN in Thun bot uns genau das Richtige und so schlemmten wir bis spät in die Nacht.
Heute ist Ruhetag angesagt. Katerlis Oberschenkel schimmert bereits in dezentem blau-violett-rosa. Sieht irgendwie schön aus und passt zu meinem Mantel. Er weiss, was ich mag. :-)
Ich meinerseits werde mir gleich ein Vollbad mit Rosmarinextrakt gönnen. Und ein Sitzkissen mit ins heisse Bad nehmen. Die Augen schliessen und von meiner wilden Schuss-Fahrt durch den stiebenden Neuschnee träumen. Von meinem - für meine Verhältnisse ausserordentlichen - Geschwindigkeitsrausch.
Ihr lacht?
AUCH EINE EINTAGSFLIEGE LIEBT.
AUS IHRER SICHT EIN LEBEN LANG!
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