Mittwoch, 3. Februar 2010

LIKÖRGETRÄNKTE FAMILIEN-INTERNAS

Angefangen hat alles mit der leeren Druckerpatrone.

Schwiegerpaps wollte einen Brief ausdrucken - aber der Drucker streikte. Dies, nachdem seine Blässe in letzter Zeit immer deutlicher wurde. Gemeint ist die Blässe der Druckerzeugnisse.

Leider war unserer Suche nach einer neuen Druckerpatronen auf die Schnelle kein Erfolg beschieden - und so kamen wir unverrichteter Dinge vom Einkauf zurück. Schwiegerpaps bedauerte dies ausserordentlich, hätte er doch kürzlich einen wichtigen Brief bereits im Kasten gehabt, den nicht ausdrucken können, musste das Ganze auf der guten, alten Schreibmaschine nochmals tippen. Und wer, so wie ich, früher mal Schreibmaschine geschrieben hat, der weiss um die Nöte und Sorgen! Ist da mal ein Fehler drin, dann ist er drin. Nix mit kurz mal korrigieren - ausser vielleicht, man hat noch diese guten, alten Tipp-Ex Korrekturstreifen. Oder noch schlimmer Tipp-Ex flüssig. Sieht nicht wirklich gut aus ...
Und hat man beim 20zigsten Anlauf den Brief endlich soweit fehlerlos hingekriegt, dann verheddert sich bestimmt beim letzten Satz, wahlweise der Grussformel, das Farbband. Oder Farbband ist alle. Genau so ging es ihm nämlich.
Das sind diese Situationen im Leben ... sie lassen einem bereits im Anfangsstadium scheitern, während mit den Nerven schon längst Ende Feuer ist!
Indes wir über seine Erzählungen schmunzelten, warf mein Schatz in die Runde, dass er doch solche Briefe an Ämter künftig per Mail schicken solle. O-Ton Schwiegerpaps: "Was per Mail? Wie soll denn DAS gehen?!?"

An dieser Stelle müsste ich vielleicht erwähnen, dass in unserer Familie genau solche Fragen fast ausnahmslos zu interfamiliären Eruptionen führen. Ich kenne das. Alleine schon nur die Feststellung: "Du, Schatz, mit dem Compi stimmt was nicht - kannst Du mal kommen..?" kann an schlechten Tagen der Startschuss zu Diskussionen wie: "Ich hab nichts gemacht!!". "Sag ich ja auch gar nicht, ich wollte nur wissen, was hier los ist!?!" "Aber Du sagst das in einem Ton, als hätte ich was gemacht!" "Nein, stimmt gar nicht, ich will doch nur wissen ...."
An dieser Stelle verlässt meistens einer der Beteiligten das Zimmer. Schmollt. Fühlt sich unverstanden. Und es bedarf einiger verbaler und physischer Streicheleinheiten, um die missverstandenen Missverständnisse aus dem Raume zu schippen. Was Compi angeht, ist irgendwie die diesbezügliche Sensibilität leicht grenzwertig.

Nicht minder prekär gestaltete sich diese Situation auch diesmal. Ich sah schon Katerlis erhöhten Puls an der Halsschlagader über dem Hemdenkragen. "Hab ich Dir doch schon mal gezeigt...*AUGENROLL*!".
Schwiegerpaps verständnisloser Blick liess mich vermittelnd eingreifen: "Das haben wir im nu - wir üben. Ich schick Dir eine Mail mit HALLO - und Du schickst mir eine Mail mit HALLO zurück. Mit der Zeit kannst Du dann immer besser damit umgehen und irgendwann klappt das automatisch!. Ich schick gleich eine Mail am Dienstag auf Deinen Mail-Account. Ok?". Seine Augen wurden noch grösser, sein Blick noch fragender. "Mail-Account? Hab ich einen Mail-Account...?".
Während Schätzus Hände sich in die Tischdecke krallten, gluckste die Runde, lupfte die Schultern und dachte an die Unterrichtstunden im Mailschreiben zurück.


Schwiegermama rettete die Stimmung, indem ihr die Idee kam, dass wir uns nun Alle ein Schlückchen Schlehenlikör verdient hätten. Selbstgemachten Schlehenlikör! Holla die Waldfee!
Meine Schwiegermama ist eine total patente Frau. Sie hat aus meiner Sicht die besondere Fähigkeit der Improvisation. Hat Ideen, Phantasie und den Elan diese umzusetzen. Stets geht sie mit offenen Augen durch die Welt und findet dabei Dinge, welche andere Menschen übersehen. Eine Self-made-woman würde man in der heutigen Zeit sagen. Aus Wenig viel machen. Ich zieh den Hut, welchen ich nicht trag.
So kamen wir auch wieder am Sonntag in den Genuss der eben erwähnten Spezialität Schlehenlikör, gemäss Wikipedia Schlehenfeuer genannt!
(ZUR INFO: Der Schlehdorn, auch Schlehendorn, Schlehe, Heckendorn oder Schwarzdorn ist ein mittelgroßer Strauch oder kleiner Baum, der zur Unterfamilie der Steinobstgewächse (Amygdaloideae) innerhalb der Familie der Rosengewächse (Rosaceae) gehört).

An und für sich bin ich ja kein Freund der alkoholischen Freuden - irgendwie vertrag ich das Zeug enorm schlecht, mir wird schon nach einem Schlückchen ganz flau und ich fühl mich so federleicht ... und wäre da nicht dieses Blei in den Füssen, der Gummi in den Knien, wäre ich zu allen Schandtaten bereit.
Aber Schwiegermam's Likör, den wollte ich versuchen. Das lass ich mir nicht entgehen. Ein Schlückchen, ein kleines nur. Soviel muss sein. Bis jetzt hat sie mir nämlich nur herrlichste Dinge vor die Nase gesetzt, die ich allesamt gerne mochte.

Noch während ich das kleine Glas zum Munde führte, meine Lippen spitzte, ulkte Schwiegerpapa, dass so ganz sicher es nicht sei, welche Beeren da verwertet worden seien. Sie hätte diese auf einem Spaziergang in einer Fussgängerzone gepflückt, sie begutachtet, die Eckdaten (Beere mittelgross, dunkelblau, mit so einem weiss-puderigen Belag, kleiner Kern) in den Computer getippt und es gemäss dem daraus resultierenden Ergebnis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei, dass es sich um Schlehen handelt.


Da weder tote Tierchen unter dem besagten Busche lagen, noch schmerzgeplagte Menschen sich am Boden wälzten, könne man davon ausgehen, dass die Beeren ungiftig seien. Zudem hätten die Zeitungen keine diesbezüglichen Warnberichte zu vermelden gehabt - ergo keine Gefahr im Verzug.

Schwiegerpaps sagte mir mit seinem ihm eigenen Augenzwinkern, dass ich mich einfach sofort melden solle, sobald Taubheitsgefühle in den Füssen zu verspüren sind, das Zittern sich verstärken und so unnatürlich helle Punkte mit roter Umrandung meine Haut überziehen sollten, die Augen trübe werden. Bei Atemschwierigkeiten oder eventuellen Herzrhythmusstörungen solle ich Zeichen geben und mich nicht extra zu sehr anstrengen - so ein Kreislauf-Kollaps sei schneller passiert als man denkt.
Während er sich köstlich amüsierte und schmunzelnd in meine Richtung schaute, holte Schwiegermama zur Beweis-Sicherung den letzten Rest der tiefgefrorenen Beeren, welche ich mit Wohlwollen als Schlehen absegnete.
Der Likör schmeckte auf jeden Fall herrlich und mir wurde schön warm.
Weder Atemnot noch Beklemmungsgefühle, nicht mal die kleinste gesundheitliche Irritation war zu spüren. Lecker war es, einfach nur lecker.

Ich danke Dir, Schwiegermama! Gut gemacht! Richtig gut!
Und Schwiegerpaps: Ich kringle mich ob Deinem Galgenhumor. Und das mit den Mails kriegen wir auch noch hin! Versprochen!

Meine Familie ist irgendwie ... herrlich.

Was ich noch sagen wollte:
ICH HAB EUCH LIEB!

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