Freitag, 27. April 2012

MARGRITLI! NEIN GÄNSEBLUME!

Als Schweizerin hat man es nicht immer leicht mit "dem Deutschen".
Und "der Deutsche" hat es zu genau gleichen Teilen nicht immer leicht mit der Schweizerin.

Da wohnt man doch Grenze an Grenze, versteht ... mal mehr, mal weniger ... die Sprache das Anderen und meint, dass man sich doch sooooo ähnlich ist. Die kulturellen Unterschiede nicht wirklich grabentief.
Denkste!

Jede/r Deutsche der einmal in der Schweiz war, wird vehement in Abrede stellen, den Schweizer auch nur im Ansatz zu verstehen. Ihm wird sich jeder Schweizer anschliessen, der im Dunstkreis von Deutschen lebt.
Schon nur ... die gleiche Blume heisst hier und drüben ganz anders.
Grad gestern wieder bemerkt: Katerchen und ich stehen im Garten und beäugen staunend die Wiese voller weisser/gelber Blümchen.


ER: "Oh! So schön! Alles voller Gänseblümchen!"
ICH: "Die sind sicherlich auch schön - aber schau erst mal die Margritli! Alles voller Margritli!"
ER: "Wo bitte hat es denn Margeriten?"
ICH: "Da ... und da ... und da ... und da ... und da ... und da ... usw."
ER: "Moment mal. Das sind aber Gänseblümchen!"
ICH: "Nein Margritli!"

Und genau so geht das mit ganz vielen Dingen. Bei uns steht an den Türen: "BITTE STOSSEN". Katerchen fand dies doch ein bisschen grenzwertig. Türen DRÜCKT man auf. Was in Deutschland "stossen" ist, ist bei uns "schubsen". Und wie ich mir sagen liess, hat dieser Ausdruck in Deutschen Landen noch andere Bedeutungen. ;-)

Die Nachbarn - deren Garten auf unseren Garten trifft ... das sind hier ANSTÖSSER. Anstösser ist wiederum in Deutschland eben was Anstössiges. Und alles andere als die Bedeutung von "aufeinander treffen".

Katerchen rollt sich jeweilt vor lachen, wenn bei uns ein Fussballmatch übertragen wird und es einen UNTERBRUCH gibt. Am Anfang schaute er mich an wie ein Bus - "... was jetzt, wo ist ein Unterbruch ...? Hä?". Der Match wird unterbrochen, ergo ist dies für uns ein Unterbruch. Kater: "... nee Leute, das ist eine UNTERBRECHUNG! Ein Unterbruch ist was gaaaaanz anderes!".


Der CHAUFFEUR. Das ist hier in der Schweiz jemand, der einen fahrbaren Untersatz auf 4 oder mehr Rädern durch die Lande schaukelt. Also zum Beispiel ein Car-Chauffeur. Ein Linienbuschauffeur. Ein LKW-Chauffeur. Ein Taxichauffeur. Oder einfach der, der das Auto fährt - das ist dann der Chauffeur.
Ich liess mir erklären, dass in Deutschland der Fahrer des Wagens vom Vorstandsvorsitzenden ein Chauffeur ist. Alles andere sind bloss "Fahrer". Also Busfahrer. LKW-Fahrer.
Aha.

Das, was jedem Schweizer / jeder Schweizerin die Zornesfalte ins Gesicht meisselt ist der Ausdruck: "Ich kriege ...". Das gilt hier zulande als Unhöflichkeitsstufe 1 - und 1 ist das Unhöflichste üüüüberhaupt. Will man in der Bäckerei ein Brot, dann geht dies hier in der Schweiz wie folgt (Kundin zu Verkäuferin): "Guten Morgen Frau XY - das ist ja wieder mal ein Wetter draussen! Herrlich! Und hier drinnen duftet es einfach himmlisch. Geht es Ihnen gut?"
Verkäuferin: " Danke der Nachfrage, alles bestens. Was darf ich Ihnen heute anbieten?"
Kundin: "Ich hätte gerne ein Kilo Brot, am liebsten Vollkornbrot, danke." 
Verkäuferin: "Sehr gerne - ist das da ok?".   (Brot zeigen)
Kundin: "Prima! Herzlichen Dank!". 
Verkäuferin: "Das wäre dann also das Brot für Sie (*rüberreich*), danke für den Einkauf und schönen Tag noch - auf Wiedersehen. Und Gruss an Ihren Mann!".
Kundin: "Herzlichen Dank auch - ich werde den Gruss gerne ausrichten. Schönen Tag noch und auf Wiedersehen - bis morgen!". Beide strahlen.
Jetzt könnt ihr euch mal die Grabesstille und das Entsetzen vorstellen, wenn da jemand in die Bäckerei kommt und einfach sagt: "Ich krieg ein Brot.". UUUPS.
Auch wenn ich heute weiss, dass dies in Deutschland so üblich ist und auch nicht unfreundlich gemeint - wenn ich den Menschen hier in der Schweiz einen guten Rat geben darf: Freundliche, persönliche Kommunikation ist das A und O. Sogar bei ALDI hier in der Schweiz. Da MUSS die Verkäuferin wie auch der Kunden einfach ein paar freundliche Worte füreinander übrig haben. Soviel Zeit muss sein.
Und ich schätze dies auch überaus. Ist mir sehr wichtig. Sehrsehr.

Dann noch ein lustiges Beispiel: "WART MAL SCHNELL". Sagt man so bei uns. Wenn jemand auf einem warten soll / muss. Katerchen hat damals auch grosse Augen gemacht "... also ... äh ... kann ich auch langsam warten ...?". Da ist mir diese Gepflogenheit eigentlich auch erst aufgefallen.

Das Alleroberpeinlichste was mir mal passiert ist: Ich hatte noch vor dem Kater eine Fernbeziehung mit einem gewissen Stephan. Auch aus Deutschen Landen. Mitten im Ruhrpott. Dorsten hiess die wunderschöne Stadt - und es war eine chaotische, anstrengende, aber auch schöne Zeit. Jedenfalls war ich da mal an einen Familienanlass mit vielen, vielen Verwandten, Bekannten, Freunden der Familie eingeladen. Mein "Einstand" damals, sozusagen. Ich als Schweizerin hatte mit meinem Dialekt den "Jüüüü - wie herzig - Bonus". Welchen ich dann aber leider gnadenlos verspielt habe. Nämlich bei der Frage "... und, welches Schweizer Dessert würdest Du uns hier in Deutschland empfehlen...?". Alles waren still, alle Augen auf mich gerichtet. (Ich mag solche Momente übrigens! Jetzt echt!). So lächelte ich mein strahlendstes Lächeln und sagte frei Schnauze, fröhlich, spontan: "FOTZELSCHNITTEN!" (Gehört wurden nur die ersten 5 Buchstaben ... das "LSCHNITTEN" wurde irgendwie verdrängt ...)
B e t r e t e n e   S t i l l e. Entsetzen in allen Gesichtern. Rote Köpfe. 
Stephan kickte mich gegen mein Schienbein. Mehrfach. Und ich hatte keine Ahnung was denn jetzt los war.
"Fotzelschnitten sind sowas von lecker (ich probierte diese Totenstille erklärend zu überspielen - vielleicht hatten die ja einfach nicht verstanden ... ) ... da tunkt man Brot in Milch und Ei, bäckt das in Butter aus. Zerdrückt mit der Gabel reife, süsse Erdbeeren und kippt dann das Erdbeermus in steif geschlagene Sahne, vermengt das Ganze und drapiert diese rosafarbene Herrlichkeit  grosszügig über die ausgebackenen Ei-Milch-Brotschnitten. Das MUSS man mal probiert haben!".


Kann man auch mit Himbeeren, Rhabarber, Apfel ... was auch immer machen



Da Stephans Familie doch eine edle, noble Familie war und wohl immer noch ist ... war das dann wohl der Beginn vom Ende unserer Beziehung. Wer so ein ungeschliffenes Mundwerk hat und dermassen heikle Worte ungehemmt in den Mund nehmen kann ... der frisst auch kleine Kinder! Ganz bestimmt!


2 Monate später habe ich dann meine Fotzelschnitten wieder ganz alleine in der Schweiz gelöffelt.
Habe es dann mal dem Kater aufgetischt. Und wisst ihr was er gesagt hat?

OH - LECKER - ARME RITTER MIT ERDBEEREN UND SAHNE!!
HÄ? ARME RITTER ...?



11 Kommentare:

die Malerin hat gesagt…

Magritli, klingt viel schöner wie Gänseblume.

Mümü Lydia ♥♥♥

Anonym hat gesagt…

Margritli sind hier auch Gänseblüemli und meine Berner Verwandten sagen denen Waseblüemli.

Also wir haben schon arge innerschweizerische Sprachunterschiede, denk mal an Wäje, Flade, Chueche, Dünndle :-))

Grüess

vreni AG

ganz gute Besserung, beinahe vergessen, schäm

Anonym hat gesagt…

und ich finde Fotzelschnitte tônt viel eleganter als armer Ritter!
Wenn ich nicht gerade mindestens eine halbe Schoggi in Form von O-Eili und O-Häsli gesündigt hätte, würde ich meinem Ritter dies heute Abend auftischen....
bbbbbb
gohts der besser?

Anonym hat gesagt…

Ich habe noch nie in Deutschland erlebt, dass jemand sagt: Ich krieg ein Brot. Das sind für mich Ammenmärchen und hat mit der Realität nichts gemein.
Ich wollte immer mal in die Schweiz reisen, aber seit heute Morgen habe ich diesen Wunsch revidiert, als ich in der Zeitung lesen musste, was die Schweizer von uns Deutschen sagen: Überall hört man die Leute hochdeutsch reden - ich kanns nicht mehr hören. Es gibt zu viele Deutsche hier.

Na denn, Servus und auf nimmer Wiederbesuchen

Sternenzaubers Geschichtenhimmel hat gesagt…

Ja - so verschieden sind wir.
Und nicht nur zwischen den Ländern - sogar innerhalb der Schweiz. Wie hier zu lesen ist.

Ich, die Meisten von uns, schauen mit einem Lächeln auf diese Gegebenheiten und zwinkern mit dem Auge.

Liebe/r lieber/r Anonym - schade besucht Du unsere schöne Schweiz nicht trotzdem mal. Probiere es SELBER aus - manchmal stimmt nicht alles, was man liest.
Und falls Du mal hier sein solltest (ich wünsche es Dir), dann würde es mich freuen, Dir Thun zeigen zu dürfen - und, dass wir nicht soooo Unmöglich wie von Dir angenommen sind.
Ich bin ok - Du bist ok.

Herzgrüesslis
Fränzi Sternenzauber

PS: Der Kater lässt sagen, den WICHTIGSTEN Unterschied hätt ich mal wieder vergessen:
Wenn wir ein Telefonat kriegen und zurückrufen, sagen wir: "Ich geb Dir später ein Telefon".
Der Deutsche stutzt dann zu Recht und erklärt, dass er doch schon ein Telefon habe. :-)

ES LEBEN DIE KLEINEN UNTERSCHIEDE - UND SIE LADEN ZUM LÄCHELN EIN! Und ... zum miteinander darüber sprechen. :-) Finde ich.

die Malerin hat gesagt…

Lieber oder liebe Anonym,

leider hast Du nicht mit Namen unterschrieben, es wäre doch nett sich mit Namen anzusprechen.

Ich kann Dir nur sagen, Du verpasst was wenn Du die Schweiz nicht besuchst. Ich habe schon einiges erlebt in der Schweiz, unter anderem auch ein Unfall mit Fahrerflucht. Aber wie lieb und wie nett wir von allen Seiten behandelt worden, wie die Schweizer Polizei versucht hat uns zu helfen, sowas haben wir noch nicht erlebt. Aber es kommt auch immer darauf an, wie man auf die Menschen zu geht und glaubst Du wirklich alles was in der Presse steht? Sind diese kleinen Unterschiede, nicht das was uns zum Lächeln bringt oder sogar zum lauthals Lachen. Und wer spricht von uns wirklich hochdeutsch, ja im Ausland damit die Leute uns verstehen, aber sonst sprechen wir auch schon mal Kölsch.

Liebe Grüße von jemand der die Schweiz und ihre Bewohner richtig ins Herz geschlossen hat

Lydia ♥♥♥

Dodo hat gesagt…

Liebe Fränzi
wem erzählst du das? Ich sag nur "Estrich" :-) Rolf blickte auf die noch ungedeckte Terrasse runter mit dem Rohbeton, dabei hatte ich doch den Dachboden gemeint...
Und liebe/r Anonym,
Deutschland ist so gross, dass auch dort sprachliche Unterschiede herrschen, wie hier innerhalb der Schweiz auch. Die Deutschen, die sagen "ich krieg..." die gibt's. Und dass die Schweizer über zu viele Ausländer klagen, ist ebenfalls ein altes Lied, früher über die Italiener, dann die Spanier, danache die "Jugos", und nun sind's halt die Deutschen. Klagt bei euch niemand über die Türken, die Polen ... Alles nur ein Zeichen der Angst um die eigene Identität. Wer kennt sie nicht? Dennoch: Wer die Schweiz nicht mit eigenen Augen erlebt hat, kann sich kein Bild machen, wie auch immer dies dann ausfallen wird. Ein Versuch ist es wert. Gefressen wird hier niemand :-)
Liebe Grüsse
Dodo

alice hat gesagt…

einfach herrlich, das erlebt man natürlich vor allem, wenn man mit einem Deutschen verheiratet ist...meiner versteht mich und meine Sprache :-))
Aber eins muss ich sagen, die "Margritli" sind für mich "Geisseblüemli"!!!
Und wer sagt in Deutschland: Ich muss den Wecker stellen... hihi...wohl keiner...der Wecker steht ja schon.

Wenn ich mit Bekannten aus Deutschland korrespondiere, muss ich so viel nachdenken, wie das oder jenes auf hochdeutsch heisst.
Ich weiss heute noch nicht, wie ich "Göisse" übersetzen soll.
Kefen sind Zuckerschoten. Peperoni sind Paprika, und wenn ich sage, der Nachbar macht wieder einen "Sau-Mais" ist damit nicht gemeint, dass er Polenta kocht :-)
Ja da gäb es noch eine ellenlange Liste.
Lustig ist es alleweil!

Liebe ♥♥♥Grüessli
Alice

Livia hat gesagt…

Ich sage auch "Geisseblüemli" :-) Passen würde noch das schöne "langsam pressiere" und "parkiere". Meine Mitstudenten aus Deutschland und Österreich beklagen sich immer über das "wow, das tönt guet". Gerade bei uns Musikstudenten ein häufiger Satz (wie auch das negative Gegenteil davon). Ich muss mir dann immer anhören (habe es aber mit der Zeit schon ein wenig gelernt): "es heisst KLINGEN, nicht TÖNEN."

Wir könnten endlos so weitermachen und solche Situationen sind immer wieder eine richtige Schmunzelgarantie.

Ganz liebe Grüsse
Eponine

Anonym hat gesagt…

uiuiui, es wird auch gesagt dass die deutsche sprache die schwerste sprache sei. hat in der tat etwas.

ich hab auch mit einer deutschen kollegin einen termin abgemacht und sagte so locker nebenbei: "gut, dann ist jetzt alles genagelt!" uuups... kam nicht gut an, lang guck (via skype) dann aufklährung: genagelt heisst im deutschen "jemanden aufreissen!"
warum auch immer, es ist manchmal schwierig das ganze zu verstehen.

übrigens: liebs fränzi, dini "margritli" si ou bi üs gänseblüemli. aber mir bärner hei no es anders wort u das heisst:
GEISSEGISMELI, isch e ganz alte usdruck.
gäu, scho wieder öppis g'lehrt!
aber dini gschicht het mi wieder köschtlech amüsiert u ig ha dir ganz guet chönne nachefüehle wie du die situation hesch erläbt wäge de fotzuschnitte....ähm... oder si's ächt doch armi ritter? (lach mi vom stuehl....träneabwischmiteinemlilatücherl...)
mümü und liebs grüessli vou blüemli
therry

Frierefritz hat gesagt…

Manchmal reden wir schon unlogischen Quatsch zusammen! Aber prima, dass dein Kater und du euch trotzdem so gut versteht ;o)))
LG Ute

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